MPG: Fast jeder zweite Patient leidet unter Schlafstörungen
Weltweit größte Schlafforschungsstudie an rund 20.000 Patienten
Fast jeder zweite Patient leidet unter Schlafproblemen. Insomnien, also Einschlafstörungen (21 Prozent) oder Durchschlafstörungen (27 Prozent), treten der Studie zufolge häufiger auf als andere Probleme wie Tages-Schläfrigkeit (15 Prozent), Schlafattacken (8 Prozent) sowie Schnarchen und/oder nächtliche Atemstillstände (7 Prozent). 26,7 Prozent aller Allgemeinarztpatienten erfüllten die im Diagnostic and Statistical Manual (DSM-IV) festgelegten Kriterien einer Insomnie.
Entgegen früherer Lehrmeinung sind Insomnien in der Mehrzahl ernst zu nehmende und vor allem langwierige Erkrankungen. Mehr als 70 Prozent aller Patienten litten am Studientag seit mehr als einem Jahr unter Schlafbeschwerden, 40 Prozent fast jede Nacht. Der Anteil an jungen Patienten ist überraschend hoch - zum Beispiel sind ein Viertel der 16- bis 19-Jährigen betroffen.
Studienleiter Prof. Hans-Ulrich Wittchen, der die Daten auf einer Pressekonferenz des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München vorstellte, sieht in NISAS eine wichtige wissenschaftliche Datenbasis für weitere Aufklärungs- und Fortbildungsprojekte. "Die Mediziner nehmen zwar Klagen über Schlafstörungen durchaus ernst, unterschätzen aber erheblich deren Häufigkeit", sagte Wittchen, bis April vergangenen Jahres Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Psychologie und Epidemiologie am Münchner Max-Planck-Institut und jetzt Direktor des Instituts für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der TU Dresden. Darüber hinaus hätten die Ärzte Probleme bei der Differenzialdiagnostik. Umgekehrt erschwerten die Patienten die Diagnose, weil sie häufig nicht spontan über ihre Beschwerden berichten.
Schlaf-Patienten werden von den befragten Ärzten überwiegend selbst behandelt, obwohl dies für eine deutliche Mehrheit eine zeitaufwändige Beschäftigung mit dem Patienten bedeutet. Dies wiegt umso schwerer, als die Mediziner ihre eigene diagnostische und therapeutische Kompetenz eher kritisch einschätzen; die Hälfte der Ärzte fühlt sich gar überfordert. Bei der Behandlung ist die Pharmakotherapie am beliebtesten - im Gegensatz zu psychotherapeutischen Maßnahmen. Am häufigsten werden pflanzliche Arzneien (Phytopharmaka) verschrieben, ihr Anteil beträgt rund 50 Prozent. Etwa ebenso viele Patienten erhalten ein ausführliches Beratungsgespräch.
Interessanterweise differenzieren die Ärzte wenig zwischen den herkömmlichen Sedativa der Benzodiazepin-Familie - die sie bei 23 Prozent der Fälle verordnen - und den moderneren Hypnotika (sie werden in 17 Prozent der Fälle eingesetzt). Die Verschreibungsdauer beträgt überwiegend zwei bis vier Wochen, jedoch verschreiben immerhin 13 Prozent der Ärzte "häufig" Langzeittherapien mit Sedativa über mehr als vier Wochen - trotz des bekannten Abhängigkeitspotenzials dieser Substanzen.
Meistgelesene News
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Chemie-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für die chemische Industrie, Analytik, Labor und Prozess bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.