Weltweit erstes schaltbares Quanten-Metamaterial untersucht

Auf dem Weg zum Quantencomputer

14.02.2018 - Deutschland

Quantencomputer können eine große Zahl an Rechenoperationen gleichzeitig ausführen. Damit versprechen sie komplexe Probleme viel schneller zu lösen als heutige Computer. Hochschulen und Unternehmen wie Google oder IBM forschen an den physikalischen Grundlagen zur Realisierung eines solchen Computers. Wissenschaftler aus Jena, Karlsruhe und Moskau sind der Zukunftsvision der Quanteninformatik ein Stück nähergekommen. Ihnen ist es gelungen das weltweit erste Quanten-Metamaterial zu realisieren, dessen Lichtdurchlässigkeit bei Temperaturen von -273°C genau steuerbar ist. Das Material könnte als Kontrollelement in Schaltungen bei der Quantensignalverarbeitung zur Anwendung kommen.

NUST MISIS

Elektronenmikroskopische Aufnahme des Quanten-Metamaterials. Es besteht aus 15 Zwillings-Qubits, eingebettet in einen koplanaren Wellenleiter (unten). Ein Qubit mit 5 Josephson-Kontakten (oben).

Das Team aus Forschern vom Jenaer Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT), dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der National University of Science and Technology (NUST MISIS) in Moskau stellte erstmals ein Quanten-Metamaterial her, das auf besondere Weise mit elektromagnetischer Strahlung im Mikrowellenbereich wechselwirkt. Das Metamaterial besteht aus einer linearen Anordnung von 15 Meta-Atomen, den Quantenbits (Qubits): Schleifen von wenigen Mikrometern Durchmesser aus Aluminium, die bei ihrer Arbeitstemperatur von etwa -273°C elektrischen Strom supraleitend und damit verlustfrei transportieren. An einigen Stellen sind die Aluminiumringe durch wenige Nanometer dünne Tunnelstrukturen, die Josephson-Kontakte, unterbrochen. So entstehen supraleitende Schwingkreise, in denen Strom nur in zwei definierten Zuständen fließt.

Mit Magnetfeld schaltbare Eigenschaften

Die Forscher konstruierten nun erstmals ein Metamaterial aus sogenannten Zwillings-Qubits, die aus zwei miteinander verbundenen Schleifen bestehen und damit statt drei, fünf Josephson-Kontakte besitzen. Entstanden sind die Strukturen im Reinraum des Leibniz-IPHT. „Wir haben untersucht wie sich die Zwillings-Qubits verhalten, wenn wir sie mittels eines Magnetfeldes in zwei verschiedene Zustände bringen. Dabei zeigt das Metamaterial eine für uns unerwartete Eigenschaft. Über das Magnetfeld können wir seine Durchlässigkeit für Strahlung im Mikrowellenspektrum genau steuern. Dass man die Transparenz dieser speziellen Quanten-Metamaterialien über die Konfiguration des Grundzustandes der Qubits ein- bzw. ausschalten kann, hat uns überrascht. Das war bislang völlig unbekannt,“ beschreibt der Leibniz-IPHT-Wissenschaftler Prof. Evgeni Il’ichev die Entdeckung. Die Forschungsergebnisse, die unter Leitung von Prof. Alexey Ustinov (NUST MISIS) entstanden, publizierten die Wissenschaftler im hochrangigen Fachblatt Nature Communications.

Qubits: Ein System in zwei Zuständen gleichzeitig

Im Unterschied zu den Einheiten (Bits) eines klassischen Rechners nehmen die Qubits nicht nur die Zustände 0 und 1 an. Sie gehorchen den Gesetzen der Quantenmechanik und befinden sich in einem überlagerten Zustand, der gleichzeitig 0 und 1 ist. Im Fall supraleitender Qubit-Schaltkreise fließt der magnetfeldinduzierte Strom zugleich links (0) und rechts herum (1). Allerdings existieren die Überlagerungszustände nur so lange bis sie gemessen werden – in diesem Moment nimmt das System entweder den Wert 0 oder 1 an. Durch die Überlagerungszustände können Quantencomputer eine große Zahl an Rechenoperationen parallel verarbeiten, während heutige Rechner diese nacheinander ausführen. Die Anzahl der Operationen steigt exponentiell mit der Anzahl der eingesetzten Qubits. Die Firma IBM bietet online-Zugriff auf einen Supraleiter-basierten Quantencomputer mit 20 Qubits.

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