Kopplung von Licht und Materie kontrolliert
Heiko Groß
Wenn Wissenschaftler im Journal Science Advances publizieren, darf man davon ausgehen, dass sie eine besonders aufregende Neuerung präsentieren. Physiker der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) sind aktuell in diesem Journal vertreten: Ihnen ist es mit britischen Kollegen gelungen, Licht und Materie bei Raumtemperatur zu koppeln und diesen Zustand zu kontrollieren.
Treiben die Forscher ihre Arbeit auf diesem Gebiet weiter erfolgreich voran, könnte das einmal für die Realisierung von optischen Quantencomputern bedeutsam sein. Solche Computer, die gewissermaßen „mit Licht rechnen“, sollten um ein Vielfaches leistungsfähiger als bisherige Rechner sein.
Emittierte Lichtteilchen gefangen und re-absorbiert
Ein Lichtteilchen (Photon) entsteht, wenn zum Beispiel ein Molekül oder ein Quantenpunkt elektronisch angeregt wurde und dann in seinen niederenergetischen Grundzustand zurückkehrt. Dieser Prozess ist als spontane Emission bekannt – und er ist normalerweise nicht umkehrbar. Ein emittiertes Lichtteilchen wird nicht einfach zum Emitter zurückkehren und dort wieder absorbiert werden.
Koppelt man aber den Emitter an ein Speicherelement für Licht, einen sogenannten optischen Resonator, dann kann das emittierte Photon eine gewisse Zeit in der Nähe des Emitters bleiben und von diesem wieder absorbiert werden. „Eine solche Umkehrung der spontanen Emission ist hochinteressant für die Informationsverarbeitung, da hier Quanteninformation zwischen Materie und Licht unter Erhaltung der Quanteneigenschaften ausgetauscht wird“, sagt Professor Bert Hecht vom Physikalischen Institut der JMU.
Plasmonischen Nano-Resonator verwendet
Der Austausch von Quanteninformation ist jedoch meistens nur bei sehr tiefen Temperaturen realisierbar, weil dann die Spektrallinien der Emitter sehr scharf sind und deshalb die Absorptionswahrscheinlichkeit hoch ist. Den Teams der Professoren Bert Hecht und Ortwin Hess (Imperial College, London) ist es nun als einer der ersten Gruppen weltweit gelungen, den Zustand der starken Kopplung von Licht und Materie bei Raumtemperatur zu erreichen.
Um die Wiederabsorption eines Photons auch bei Raumtemperatur zu erwirken, haben die Forscher einen plasmonischen Nano-Resonator verwendet, der die Form eines extrem schmalen Schlitzes in einer dünnen Goldschicht hat. „Dieser Resonator erlaubt es, die elektromagnetische Energie eines gespeicherten Photons räumlich stark zu konzentrieren, nämlich auf einen Bereich, der nicht viel größer ist als ein Quantenpunkt“, erklärt Hechts Mitarbeiter Heiko Groß. Dadurch werde das gespeicherte Photon mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Emitter re-absorbiert.
Kopplung zwischen Emitter und Resonator kontrolliert
Diese Idee wurde auch schon von anderen Arbeitsgruppen umgesetzt. Die Forscher aus Würzburg und London haben es nun aber unter anderem geschafft, die Kopplung zwischen Resonator und Emitter zu kontrollieren, sie kontinuierlich zu verändern, sie gezielt ein- und auszuschalten. Das gelang dem Team, indem es den Resonator an der Spitze eines Rasterkraftmikroskops befestigte und ihn so mit hoher Präzision in die unmittelbare Nähe des Emitters – in diesem Fall eines Quantenpunktes – bringen konnte.
Schneller Austausch zwischen Emitter und Resonator
Die Forscher hoffen jetzt darauf, die Kopplung von Quantenpunkt und Resonator noch gezielter beeinflussen zu können – eventuell sogar direkt durch eingestrahlte Photonen. Daraus ergäben sich neue Möglichkeiten für die Realisierung von optischen Quantencomputern.
„Nützlich ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass die energetische Anregung zwischen Quantenpunkt und Resonator extrem schnell ausgetauscht wird“, sagt Groß. Das löse eines der Probleme, die es bisher im Tieftemperaturbereich gab: Dort wird die Oszillation der Energie zwischen Licht und Materie durch die langen Speicherzeiten des Resonators verlangsamt.