Wacker geht nach Krisenjahr 2009 wieder auf Wachstumskurs
Noch deutlicher ging der Ertrag zurück. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) im Geschäftsjahr 2009 verringerte sich auf 607 Mio. € (Vj. 1,06 Mrd. €). Zurückzuführen ist dies vor allem auf die schwächere Geschäftsentwicklung im Halbleitersegment. Dort sank das EBITDA gegenüber dem Vorjahr um 520 Millionen Euro. Darüber hinaus haben Sondereinflusse das EBITDA um 160 Mio. € vermindert. Dabei handelt es sich um Beteiligungsaufwendungen aus dem Rückzug vom Solarwafergeschäft, um eine Zuführung zu den Pensionsrückstellungen sowie um Rückstellungen für zusätzliche Altersteilzeitkontingente, Lebensarbeitszeitkonten und Personalmaßnahmen in den Geschäftsbereichen WACKER SILICONES und Siltronic. Im Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) wirkten zusätzlich Wertminderungen im Anlagevermögen von insgesamt 176 Mio. €. Dadurch ging das Jahresergebnis nach Steuern auf -75 (Vj. 438) Mio. € zurück.
In den ersten zwei Monaten des Geschäftsjahres 2010 haben die Absatzmengen in allen Geschäftsbereichen weiter zugenommen. Der Konzernumsatz im Januar und Februar 2010 liegt sowohl über dem Vorjahreswert als auch über dem Monatsdurchschnitt des 4. Quartals 2009. Wenn dieser Aufwärtstrend im Jahresverlauf weiter anhält, geht Wacker davon aus, dass der Jahresumsatz die Schwelle von 4 Mrd. € überschreiten wird. Der Jahresüberschuss soll nach den derzeitigen Prognosen deutlich positiv ausfallen.
„Wacker hat das schwierige Geschäftsjahr 2009 mit einer soliden operativen Leistung abgeschlossen und ist wieder auf Wachstumskurs“, sagte Konzernchef Rudolf Staudigl am Mittwoch in München. „Bereinigt um Sondereffekte haben wir mit Ausnahme von Siltronic in allen Bereichen ein gutes EBITDA erwirtschaftet. Von der Belebung der Nachfrage profitieren unsere Chemiebereiche ebenso wie unser Halbleitergeschäft. Die Nachfrage nach Polysilicium ist ungebrochen hoch und die produzierten Mengen können wir zu attraktiven Preisen vollständig am Markt absetzen. Die finanzielle Verfassung des Konzerns ist nach wie vor ausgesprochen gut und die weltweiten Trends, die die Nachfrage nach unseren Produkten treiben, sind intakt. Dies alles sind wesentliche Voraussetzungen, um in diesem Jahr Umsatz und Ertrag deutlich zu steigern.“
Investitionen
Die Investitionen des Konzerns blieben im Geschäftsjahr 2009 auf hohem Niveau. Die Anlagenzugänge erreichten 740 (Vj. 916) Mio. €. Damit ergibt sich bezogen auf den Umsatz eine Investitionsquote von 20 Prozent. Die Mittel gingen vor allem in Anlagen zur Herstellung von Polysilicium, Siloxan und Dispersionspulvern.
Im Fokus der Investitionstätigkeit des Jahres 2009 stand der Ausbau der Produktionskapazitäten für polykristallines Reinstsilicium. Am Standort Burghausen konnte die so genannte Erweiterungsstufe 8 in Betrieb genommen werden. Die Anlage soll im 2. Quartal 2010 auf die vorgesehene Nennkapazität von 10.000 Jahrestonnen hochgefahren werden. Auch der Bau der neuen Polysiliciumproduktion am Standort Nünchritz hat 2009 große Fortschritte gemacht. Die Inbetriebnahme dieser Anlage mit einer Nennkapazität von ebenfalls 10.000 Jahrestonnen ist noch vor Ende des Jahres 2011 geplant.
In Nanjing (China) hat Wacker im November vergangenen Jahres einen neuen Polymerstandort offiziell eröffnet. Der Chemiekonzern stellt dort Dispersionspulver und Dispersionen für den chinesischen Markt her, vor allem für die Bauindustrie. Mit einer Dispersionspulver-Kapazität von 30.000 Jahrestonnen ist die Anlage in Nanjing die größte ihrer Art in China. Damit kann Wacker nun den stark steigenden Bedarf nach Dispersionspulvern, besonders für energiesparende Gebäudeisolierungen, aus lokaler Produktion bedienen.
Mitarbeiter
Zum Jahresende 2009 beschäftigte Wacker weltweit 15.618 Mitarbeiter. Dies sind 304 weniger als im Vorjahr. Der Rückgang steht im Zusammenhang mit den Personalmaßnahmen, die Wacker getroffen hat, um den Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf das Unternehmen zu begegnen. An den deutschen Standorten von Wacker arbeiteten zum Stichtag 11.925 Mitarbeiter, im Ausland waren es 3.693.
Netto-Cashflow, Netto-Finanzschulden und Eigenkapitalquote
Der Netto-Cashflow lag im Geschäftsjahr 2009 bei -33 (Vj. 22) Mio. €. Dieser Rückgang um 55 Mio. € ergibt sich im Wesentlichen aus dem deutlich niedrigeren Jahresergebnis, den im Vergleich zum Vorjahr geringeren Kundenanzahlungen und den weiterhin sehr hohen Investitionen in die strategischen Wachstumsprojekte des Konzerns. Die Nettofinanzverbindlichkeiten betrugen zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2009 76 Mio. €. Im Vorjahr hatte sich ein Liquiditätsüberschuss von 33 Mio. € ergeben. Zum 31. Dezember 2009 hat sich die Bilanzsumme des WACKER-Konzerns nur unwesentlich verringert. Sie lag mit 4,54 (Vj. 4,63) Mrd. € um knapp 2 Prozent niedriger als zum Ende des Geschäftsjahres 2008. Das Eigenkapital des Konzerns belief sich zum Bilanzstichtag auf 1,94 (Vj. 2,08) Mrd. €. Ursache für den Rückgang war in erster Linie der ausgewiesene Fehlbetrag im Jahresergebnis. Damit ergibt sich eine Eigenkapitalquote von 42,8 (Vj. 45,0) Prozent.
Geschäftsbereiche
Der Umsatz von Siltronic belief sich im Geschäftsjahr 2009 auf 638 Mio. € (Vj. 1,36 Mrd. €). Dies ist ein Rückgang um 53 Prozent. Verantwortlich dafür waren vor allem die schwache Nachfrage nach Siliciumwafern aus der Halbleiterindustrie und ein Rückgang beim Verkauf von Siliciumeinkristallen und anderen Materialien an die Solarindustrie. Anhaltender Preisdruck bei allen Waferdurchmessern hat das Geschäft der Siltronic zusätzlich belastet. Das EBITDA betrug im abgelaufenen Geschäftsjahr -162 (Vj. 357) Mio. €. Mit der Anfang Juli 2009 bekanntgegebenen Leitstandortstrategie, mit der die Produktion in der Siltronic optimiert und flexibler gestaltet werden soll, will die Siltronic die Kosten verringern und die Produktivität steigern. Um die Kunden künftig von den definierten Leitstandorten aus bedienen zu können, treibt die Siltronic die dafür erforderliche Qualifizierung der dort produzierten Wafer bei den Abnehmern voran.
Der Geschäftsbereich WACKER SILICONES ist im Geschäftsjahr 2009 im Gesamtumsatz unter dem Niveau des Vorjahres geblieben. Der Gesamtumsatz verringerte sich um 12 Prozent auf 1,24 (Vj. 1,41) Mrd. €. Nach einem schwachen Start in das Jahr 2009 ist der Umsatz seit dem zweiten Quartal wieder gestiegen, ohne dabei den großen Rückstand aus den ersten drei Monaten im Laufe des Jahres vollständig aufholen zu können. Der Nachfragerückgang hat dazu geführt, dass die Produktionskapazitäten teilweise nicht voll ausgelastet waren. Nicht ganz so hoch fiel der Rückgang beim EBITDA aus. Mit 158 (Vj. 168) Mio. € lag es 6 Prozent unter dem Vorjahr. Positiv beeinflusst wurde das Ergebnis durch geringere Rohstoff- und Energiekosten sowie durch Kosteneinsparungen. Niedrigere Absatzmengen und ein höherer Preisdruck haben das Ergebnis dagegen belastet.
Der Gesamtumsatz im Geschäftsbereich WACKER POLYMERS ist im abgelaufenen Geschäftsjahr ebenfalls zurückgegangen. Die Umsatzerlöse fielen um 14 Prozent auf 744 (Vj. 868) Mio. €. Hauptursache waren niedrigere Absatzmengen bei Dispersionen und Dispersionspulvern. Das EBITDA konnte der Geschäftsbereich dagegen verbessern. Es beläuft sich auf 117 (Vj. 109) Mio. €. Kosteneinsparungen sowie geringere Energie- und Rohstoffkosten haben die Ergebnisentwicklung gestützt. Gegenläufig ausgewirkt haben sich niedrigere Preise.
Der Gesamtumsatz im Geschäftsbereich WACKER POLYSILICON ist im Geschäftsjahr 2009 erneut gestiegen. Er kletterte um 35 Prozent auf 1,12 Mrd. € (Vj. 828,1 Mio. € ) und übersprang damit erstmals die Milliardengrenze. Der Umsatzanstieg resultierte aus den zusätzlichen Produktionsmengen am Standort Burghausen, die erfolgreich am Markt platziert werden konnten. Die Produktionsmenge bei Polysilicium hat sich gegenüber dem Vorjahr um mehr als 50 Prozent auf 18.100 Tonnen erhöht. Auch das EBITDA hat der Geschäftsbereich deutlich gesteigert. Es belief sich auf 521 (Vj. 422) Mio. €. Das sind gut 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Belastet wurde das EBITDA durch den Rückzug von WACKER aus dem Gemeinschaftsunternehmen WACKER SCHOTT Solar (WSS). Der anteilige Verlust und die mit dem Rückzug verbundenen Aufwendungen schlugen sich mit 52 Mio. € im Beteiligungsergebnis von WACKER POLYSILICON nieder. Auch die niedrigeren Preise für kurzfristige Polysilicium-Lieferungen wirkten sich im Geschäftsjahr 2009 aus. Dagegen haben moderate Betriebskosten und eine hohe Anlagenauslastung die Ergebnisentwicklung im Gesamtjahr positiv beeinflusst.
Im Geschäftsbereich WACKER FINE CHEMICALS ist der Gesamtumsatz im Geschäftsjahr 2009 gestiegen. Er erhöhte sich um gut 7 Prozent auf 105 (Vj. 98) Mio. €. Zurückzuführen ist dieser Anstieg maßgeblich auf das Geschäft mit Kaugummirohmasse, das seit dem 1. Juli 2009 nicht mehr bei WACKER POLYMERS, sondern bei WACKER FINE CHEMICALS geführt wird. Mit dieser Neuordnung stärkt WACKER FINE CHEMICALS den Bereich Lebensmittel und Nahrungsergänzungsstoffe. Das EBITDA erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 8 Prozent auf 10 (Vj. 9) Mio. €. Der Geschäftsbereich hat seinen Fokus verstärkt auf die Biotechnologie gerichtet und ist zum 1. Januar 2010 umfirmiert worden. Er heißt jetzt WACKER BIOSOLUTIONS.
Ausblick
Nach dem starken Einbruch Ende 2008 und Anfang 2009 befindet sich die Weltwirtschaft wieder auf einem moderaten Wachstumskurs. Diese Entwicklung wird sich nach Meinung der Konjunkturexperten im laufenden Jahr weiter fortsetzen. Vor allem in Europa und den USA rechnet Wacker mit einer eher verhaltenen Entwicklung. In Asien dagegen soll das Bruttoinlandsprodukt kräftig steigen, besonders in China.
Der Markt für Halbleiter wird im Jahr 2010 seine Erholung fortsetzen. Das wird sich positiv auf die Kapazitätsauslastung auswirken und voraussichtlich auch auf die Preise. Deshalb geht das Unternehmen davon aus, dass es bei Siltronic zu einem Umsatzanstieg kommt. Gleichzeitig arbeitet Wacker weiter daran, in seinem Halbleitergeschäft die Produktivität zu steigern und die Kosten zu senken. Dazu ist es vor allem notwendig, die Fokussierung auf den größten Absatzmarkt Asien fortzusetzen und die Produktion noch flexibler zu gestalten, um bei Nachfrageschwankungen bevorzugt diejenigen Standorte hoch auszulasten, die die beste Kostenstruktur haben. Siltronic hat hierzu Mitte 2009 eine neue Leitstandort-Strategie beschlossen. Die Fertigung von 150-mm Wafern am Standort Freiberg wurde eingestellt und das entsprechende Produktionsvolumen an den Standort Burghausen transferiert. Im Segment der 300-mm Wafer wird die Produktion an den Standorten Freiberg und Singapur gebündelt. Singapur ist auch der Leitstandort für 200-mm Wafer. Durch eine weitere Verringerung der Kosten in den Verwaltungsbereichen will Siltronic die Produktivität zusätzlich verbessern.
Für den Geschäftsbereich WACKER SILICONES rechnet das Unternehmen im Jahr 2010 mit einem Umsatzanstieg. Das Wachstum kommt vor allem aus Asien, wo die Nachfrage nach Siliconprodukten weiter steigen wird. Im Geschäftsbereich WACKER POLYMERS wird ein Anstieg der Absatzmengen erwartet. Auch hier ist Asien der am schnellsten wachsende Markt. Im Geschäftsbereich WACKER BIOSOLUTIONS soll der Umsatz im laufenden Jahr prozentual zweistellig steigen.
Im Geschäft mit polykristallinem Reinstsilicium erwartet Wacker weiteres Wachstum von Produktionsmengen und Nachfrage. Im Laufe des 2. Quartals 2010 soll die Ausbaustufe 8 in Burghausen auf die vorgesehene Nennkapazität von 10.000 Jahrestonnen hochgefahren werden. Auch den Aufbau der neuen Produktionsanlage in Nünchritz wird Wacker wie geplant weiter vorantreiben. Als weltweiter Qualitäts- und Kostenführer sieht der Konzern gute Chancen, im Polysiliciumgeschäft auch bei niedrigeren Preisen weiter profitabel zu wachsen. Zudem hat der Geschäftsbereich WACKER POLYSILICON einen großen Teil seiner Polysilicium-Produktion durch Langfristverträge abgesichert. Insgesamt will Wacker im laufenden Geschäftsjahr zwischen 600 und 700 Mio. € investieren. Der Großteil dieser Summe wird auf die laufenden Ausbauprojekte für Polysilicium entfallen.
Unter der Voraussetzung, dass der konjunkturelle Aufwärtstrend im Jahresverlauf weiter anhält, geht Wacker davon aus, dass der Konzernumsatz im Geschäftsjahr 2010 die Schwelle von 4 Mrd. € überschreiten wird. Der Jahresüberschuss soll nach den derzeitigen Prognosen deutlich positiv ausfallen.