Neuartiger chemischer Wärmespeicher
TU Wien präsentiert kompakten Hochleistungs-Wärmespeicher
TU Wien
An der TU Wien entwickelte man nun für dieses Problem eine innovative Lösung, bei der drei Institute zusammengearbeitet haben: Verfahrenstechnik, Synthesechemie und Energietechnik. Tausende Materialien wurden analysiert, um schließlich den optimalen chemischen Wärmespeicher herzustellen: Mit Kupfersulfat kommt der neue Speicher auf eine Energiedichte von 2MJ/kg, innerhalb weniger Sekunden erreicht er die Spitzentemperatur von über 300° C, er kann eine fast unbegrenzte Zahl von Ladezyklen durchlaufen und er kann Wärme monatelang verlustlos speichern. Präsentiert wird ein Modell des neuen Energiespeichers auf der Hannover Messe 2018.
Ähnlich wie Kalkbrennen
„Das Grundprinzip kennt man schon seit der Antike“, sagt Dr. Peter Weinberger. „Schon damals wurde Kalk gebrannt und gelöscht.“ In Brennöfen führt man dem Kalkstein Energie zu und löst damit eine chemische Reaktion aus. So entsteht Branntkalk, in dem ein Teil der zugeführten Energie gespeichert bleibt. Löscht man ihn mit Wasser ab, läuft die chemische Reaktion umgekehrt ab, und die Energie wird in Form von Hitze wieder freigegeben.
Grundsätzlich hat diese Art des chemischen Energiespeicherns große Vorteile: Man kann die zugeführte Energie über lange Zeiträume aufbewahren, man kann das Material sogar problemlos an einen anderen Ort transportieren und die gespeicherte Energie dort freisetzen. Allerdings fehlten bisher die passenden Materialien, um den Prozess bei den industriell relevanten Temperaturen so effizient ablaufen zu lassen, dass er wirtschaftlich attraktiv wird.
Die Suche nach der perfekten Reaktion
An der TU Wien verwendete man Computeralgorithmen, um chemische Datenbanken gezielt nach den optimalen Reaktions-Kandidaten zu durchsuchen. 5000 chemische Reaktionen wurden identifiziert, die Wärme in Feststoffen speichern können. „Wir analysierten die Materialien dann in Hinblick auf verschiedene wichtige Eigenschaften – Speicherdichte, Zyklenbeständigkeit, Kosten, Klimarelevanz und technische Handhabbarkeit. So konnten wir schließlich ein knappes Dutzend Stoffpaarungen identifizieren, die sich gut als Wärmespeicher nutzen lassen“, sagt Peter Weinberger.
Eine besonders hohe Wärmespeicherdichte zeigt Kupfersulfat. Es wird zunächst auf eine poröse und chemisch inerte Trägersubstanz aufgebracht, und wenn man es mit Ammoniak reagieren lässt, wird Wärme freigesetzt. Zur Regeneration beheizt man den Speicher, sodass das Ammoniak wieder vom Feststoff gelöst wird. In einer Vorratskammer wird der Ammoniak aufbewahrt, er kann für den nächsten Zyklus genutzt werden.
„Das System ist elegant und einfach in der Handhabung“, sagt Prof. Andreas Werner. „Die Energie kann wenn nötig monatelang gespeichert werden.“ Ein entscheidender Vorteil ist, dass der Energiespeicher bei Temperaturen im Bereich von 150° C bis 400° C funktioniert – das entspricht der Abwärme, die in der Industrie und bei Motorabgasen häufig vorkommt.
„Besonders sinnvoll wäre es, Verbrennungsmotoren und Katalysatoren vor dem Start rasch aufzuwärmen – mit Wärme, die bei der letzten Fahrt gespeichert wurde“, sagt Andreas Werner. Gerade in Ballungsräumen, wo oft kurze Strecken zurückgelegt werden, entsteht ein großer Teil der Schadstoffemissionen durch Kaltstarts. Das Problem betrifft aber alle Verbrennungsmotoren. Auch Baumaschinen und Schifffahrt können durch Warmstarts umweltfreundlicher werden.
„Auch die Energie, die in vielen Anlagen der Industrie und der Energiewirtschaft derzeit ungenützt verloren geht, könnte man speichern und an einem beliebigen Ort zu beliebiger Zeit wieder als Wärme verfügbar machen“, ergänzt Prof. Michael Harasek.
Beim Freisetzen der gespeicherten Energie kann das Material eine Temperatur von über 300°C liefern, das verwendete Material ist kostengünstig und technisch gut anwendbar.
Die neue Wärmespeichermethode ist bereits patentiert. Auf der Hannover Messe 2018 wird sie weltweit erstmals vorgestellt. Auch an Firmenpartnern mit etwas anders gelagerten Anforderungen ist das Team der TU Wien interessiert – schließlich verfügt man nach der Analyse tausender Materialkombinationen über ein umfangreiches Know-how über die technischen Möglichkeiten ganz unterschiedlicher Materialien sowie über reiche Erfahrung mit der Gestaltung von chemischen Reaktions- und Wärmetransferprozessen.