Kugelmühlen statt Lösungsmittel: Nanographene mit Mechanochemie
Entscheidender Durchbruch in der Synthese von Nanographenen gelungen
Sven Grätz
Kugelmühlen statt Lösungsmittel – so lautet der Ansatz, den Dr. Lars Borchardt und seine Nachwuchsgruppe „Mechanocarb“ an der Fakultät Chemie und Lebensmittelchemie der TU Dresden bereits seit 2015 verfolgen. Die BMBF-geförderte Gruppe arbeitet im Rahmen der Initiative „Materialforschung für die Energiewende“ an einer umweltschonenden Methode zur Synthese von nanostrukturierten Kohlenstoffmaterialien für den Einsatz in elektronischen Bauteilen und Energiespeichern: der Mechanochemie. Dass sie mit ihrer Forschung auf dem richtigen Weg sind, konnte Doktorand Sven Grätz im Rahmen seiner Doktorarbeit einmal mehr beweisen.
Die Vorstellung, mit den destruktiven Kräften einer Kugelmühle komplexe Moleküle aufzubauen, mutet an wie ein Paradoxon. Dennoch ist genau das in den Laboren der Borchardt-Nachwuchsgruppe geschehen. Hocharomatische Molekülsysteme (hocharomatisch beschreibt in der Chemie Systeme mit einem hohen Grad an konjugierten Bindungen, die daher sehr stabil sind) wie Nanographene sind für ihre schwere Löslichkeit bekannt und daher nur unter schwierigen Bedingungen auf herkömmlichem Wege zu synthetisieren. Während die chemische Synthese den Einsatz von häufig umweltschädlichen Lösungsmitteln erfordert, arbeiten Borchardt und sein Team ausschließlich mit den mechanischen Kräften der Kugelmühlen. Durch die starken Kräfte in den Kugelmühlen werden chemische Reaktionen in Gang gesetzt, bei denen sich ein Hexaphenylbenzen-Vorläufer in ein komplett aromatisches System überführen lässt. Nicht nur, dass diese Methode eine einfachere, sicherere und nachhaltigere Alternative zur chemischen Synthese darstellt, sie eröffnet auch neue Wege: „Wir werden diese Methode auch auf komplett unlösliche Moleküle anwenden“, so Borchardt. „Damit könnte man in kurzer Zeit und wenigen Syntheseschritten Graphen-Nanobänder in einem für die Anwendung relevanten Maßstab herstellen.“
Durch die mechanisch initiierte Synthese ist es den TUD-Wissenschaftlern gelungen, in kurzer Zeit und ohne großen Aufwand riesige Nanographene, wie das bekannte C222 oder das dreieckige C60, herzustellen. Nun wollen sie weiter forschen und noch größere Moleküle mechanochemisch synthetisieren. Mit ihrer Methode könnten die jungen Forscher einen frischen Wind in die Suche nach neuen, nachhaltigeren Materialien für die Elektronik- und Energiespeicherindustrie bringen und außerdem dazu beitragen, dass viele der Nachteile der chemischen Synthese gelöst werden, indem man Lösungsmittel vermeidet.
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