Feinchemikalien umweltfreundlich und effizient herstellen
Effiziente Katalyse einer Nobelpreis-Reaktion
ETH Zürich / Edvin Fako
Die chemische Industrie produziert nicht nur wertvolle Vitamine, Medikamente, Aromastoffe und Pflanzenschutzmittel, sondern oft auch sehr viel Abfall. Gerade bei der Produktion von Medikamenten und sogenannten Feinchemikalien übersteigen die Mengen an unverkäuflichen Synthese-Nebenprodukten und Abfällen jene des gewünschten Produkts oft um ein Vielfaches.
Ein Grund dafür ist, dass bei vielen chemischen Reaktionen Katalysatoren in gelöster Form eingesetzt werden, wie Javier Pérez-Ramírez, Professor für Katalyse-Engineering, sagt. Katalysatoren sind Hilfsstoffe, welche eine Reaktion begünstigen. Sind die Katalysatoren löslich, können sie oft nur mit grossem Aufwand vom verwendeten Lösungsmittel und von den entstandenen Produkten und Nebenprodukten getrennt und wiederverwendet werden. Bei Katalysatoren in fester Form fällt dieses Problem weg.
Pérez-Ramírez hat nun zusammen mit seiner Gruppe, weiteren europäischen Wissenschaftlern und einem Industriepartner für eine bedeutende chemische Reaktion einen solchen festen Katalysator entwickelt. Beim Katalysator handelt sich um ein molekulares Gitternetz aus Kohlenstoff- und Stickstoff-Atomen (graphitisches Kohlenstoffnitrid). Dieses Gitternetz weist Lücken auf, welche die Forschenden mit Palladium-Atomen bestückten.
Effiziente Katalyse einer Nobelpreis-Reaktion
Die Wissenschaftler verwendeten winzige Partikel aus diesem Palladium-Kohlenstoff-Stickstoff-Material und konnten zeigen, dass sie damit die sogenannte Suzuki-Kupplung sehr effizient katalysieren können. «Wenn in der Chemie zwei Kohlenstoffatome miteinander verbunden werden sollen, wird das heute oft mit der Suzuki-Kupplung gemacht», sagt Sharon Mitchell, Wissenschaftlerin in Pérez-Ramírez’ Labor. Für diese Reaktion erhielt der Japaner Akira Suzuki zusammen mit zwei weiteren Wissenschaftlern den Chemie-Nobelpreis 2010.
Bisher wurde für diese Reaktion häufig ein löslicher Palladium-Katalysator verwendet. Frühere Versuche, diesen löslichen Katalysator auf einem Festkörper festzumachen, führten bloss zu verhältnismässig wenig stabilen und wenig effizienten Katalysatoren.
Deutlich weniger Abfall
Der neue Palladium-Katalysator der ETH-Forschenden ist sehr viel stabiler. Daher und weil er sich nicht in der Reaktionsflüssigkeit löst, kann er über sehr viel längere Zeit eingesetzt werden. Ausserdem ist der Katalysator viel kostengünstiger und etwa zwanzigmal effizienter als heute verwendete Katalysatoren.
«Das ermöglicht, dass wir mit dem neuen Katalysator nicht nur die Kosten der Synthese von Feinchemikalien reduzieren können, sondern auch den Palladium-Verbrauch und die Abfallmenge», sagt Pérez-Ramírez. Schon bald könnte der Katalysator für den Einsatz in der Industrie bereitstehen: Laut den Wissenschaftlern dürfte es einfach sein, die Produktion des Katalysators und seinen Einsatz vom Labor- zum Industrie-Massstab hochzuskalieren.
Wie die Forschenden betonen, bleibt die Anwendung von graphitischem Kohlenstoffnitrid als Festkörper-Katalysator nicht auf die Suzuki-Kupplung beschränkt. Es dürfte auch möglich sein, das molekulare Gitternetz mit anderen Metallatomen als Palladium zu besetzen, um damit andere Synthesen zu katalysieren. In weiterer Forschungsarbeit werden die ETH-Wissenschaftler diese Möglichkeiten ausloten. Ausserdem planen sie, für die Vermarktung des neuen Katalysators eine Spin-off-Firma zu gründen.