Wärmetransport auf der Nanoskala unter die Lupe genommen
University of Potsdam
Alle Metalle leiten Wärme üblicherweise hervorragend: Durch die frei beweglichen Elektronen verteilt sich lokale Hitze fast blitzschnell. Deutlich langsamer leiten isolierende Materialien Wärme, die nicht über freie Elektronen verfügen, sondern allein auf Gitterschwingungen angewiesen sind. Nun hat ein Team um Prof. Dr. Matias Bargheer von der Universität Potsdam, der am HZB eine Gemeinsame Forschungsgruppe zu ultraschneller Dynamik leitet, den Wärmetransport in einem metallisch-magnetischen Modellsystem genau unter die Lupe genommen.
Gold auf Nickel
Das Modellsystem besteht aus einer nanometerdünnen ferromagnetischen Nickelschicht (12,4 nm), die auf einem Magnesiumoxid-Substrat aufgebracht wurde. Darüber wurde eine noch dünnere Schicht Gold (5,6 nm) abgeschieden. Mit einem ultrakurzen Laserpuls (50 Femtosekunden) brachten die Physiker lokal Wärme in das Modellsystem und ermittelten mit extrem kurzen Röntgenpulsen (200 Femtosekunden) zeitaufgelöst, wie sich die Wärme in den beiden Nanoschichten verteilte. Der erste Befund: Bis zum thermischen Gleichgewicht braucht das Modellsystem nicht wie erwartet etwa eine Pikosekunde sondern hundertmal so lange.
Wärmetransport untersucht
Die zeitaufgelösten Messungen zeigten, was genau geschieht: „Obwohl der Laser zunächst die Goldschicht trifft, bleibt das Kristallgitter des Goldes kühl. Fast 90 Prozent der Energie wird an die Nickel-Elektronen weitergeleitet und dort ins Kristallgitter eingebracht“, berichtet Bargheer. Weil das Elektronensystem im Nickel sehr viel stärker an die Gitterschwingungen koppelt als im Gold, nimmt das Nickel-Kristallgitter die Wärme von den Nickel-Elektronen auf. Das Nickel-Gitter ist jedoch ein schlechter Wärmeleiter und gibt kaum Energie an das Gold-Gitter ab. Dies gelingt nur über einen Umweg: Denn mit der Zeit nehmen Elektronen aus dem Gold Wärmeenergie aus dem Nickelkristallgitter auf und regen damit wiederum Gold-Gitterschwingungen an, bis das thermische Gleichgewicht erreicht ist.
„Wir haben mit diesem Versuchsaufbau zeigen können, dass es sich lohnt, solche Transportprozesse zeitaufgelöst zu analysieren. Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir solche Versuche bald auch an der sehr viel mächtigeren Röntgenquelle BESSY II machen können, die demnächst zu BESSY-VSR ausgebaut wird und dann zeitgleich auch sehr kurze, intensive Röntgenpulse anbietet“, sagt Bargheer.
Ausblick: neue Datenspeicher
Künftige Datenspeicher, die auf dem so genannten wärmegestützten magnetischen Speichern (Heat-Assisted Magnetic Recording oder HAMR) basieren, können mit Laserpulsen lokal erhitzt und überschrieben werden. Mit einem vertieften Verständnis der Transportvorgänge könnten solche Systeme so entwickelt werden, dass sie mit minimaler Energie auskommen.
Die Experimente fanden an der Universität Potsdam statt, die Proben haben Partner an der Universität Regensburg hergestellt, außerdem waren an der Arbeit Gruppen der Université Lorraine, Nancy, Frankreich und vom Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, USA beteiligt.