Moleküle aus mehreren Blickwinkeln

Lasergetriebene Röntgen-Laborquellen liefern neue Einsichten

03.01.2019 - Deutschland

Die Röntgenspektroskopie bietet einen direkten Einblick in die Natur chemischer Bindungen und den Verlauf chemischer Reaktionen. Momentan werden von wichtigen Forschungslaboren intensive Anstrengungen bei der Weiterentwicklung der Röntgenquellen und der Implementierung neuer Messmethoden unternommen. Forscher am MBI haben nun erfolgreich Absorptionsspektroskopie im sog. Wasserfenster demonstriert, indem sie eine laserbasierte Strahlungsquelle von ultrakurzen Röntgenimpulsen mit einer neuartigen Technologie zur Erzeugung eines Dünnschicht-Flüssigkeitsstrahls kombinierten. Damit wird erstmals die gleichzeitige Untersuchung von Kohlenstoff (C) und Stickstoff (N) in organischen Molekülen in wässriger Lösung ermöglicht.

MBI Berlin

Abb. 1: Dünnschicht-Flüssigkeitsstrahl (in Wasser gelöster Harnstoff) beleuchtet mit ultrakurzen Röntgenimpulsen. Die Grafiken unten zeigen die statischen Absorptionsspektren des Kohlenstoffatoms (C, schwarz) und der Stickstoffatome (N, blau) im Harnstoffmolekül. Das transmittierte Röntgenlicht wird spektral aufgespalten und detektiert.

Die Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS), die unbesetzte Orbitale elementspezifisch untersucht, erlaubt die Bestimmung der elektronischen Struktur von Molekülen. Für die meisten organischen Moleküle ist der weiche Röntgenspektralbereich (100-1000 eV) relevant, da dort K-Kantenübergänge von leichten Elementen (C, N und O) und die L-Kanten von 3D-Metallen zu finden sind. XAS wird typischerweise an Großforschungsanlagen wie Speicherringen oder Freie-Elektronen-Lasern durchgeführt. Laserbasierte Laborquellen wurden bisher nur spärlich zur Untersuchung reiner Materialien, wie z.B. Metalle und organische Schichten, eingesetzt. Bisher waren keine Untersuchungen der Kohlenstoff- oder Stickstoff-K-Kanten von organischen Molekülen in verdünnter wässriger Lösung verfügbar.

Das Forschungsteam am MBI hat nun eine intensive Strahlungsquelle für weiche Femtosekunden-Röntgenimpulse entwickelt, die in einem extrem nichtlinearen Prozess (HHG) die Frequenz eines Laserimpulses vervielfacht. Dabei werden aus langwelligen (1,8 µm) Treiberimpulsen mit Photonenergien von 0.69 eV, die mit einem verstärkten Ti:Saphir-Lasersystem erzeugt wurden, Frequenzen erzeugt, die über 600 mal höher liegen und sich bis zu 450 eV erstrecken. Sie haben diese Quelle mit dem Dünnschicht-Flüssigkeitsstrahl kombiniert, der auch unter Vakuumbedingungen voll funktionsfähig ist. Stationäre Absorptionsspektren von organischen Molekülen und anorganischen Salzen in einer dünnen (~1 µm) Schicht wässriger Lösung können nun im gesamten sogenannten Wasserfensterbereich, d.h. zwischen 200-540 eV, gemessen werden (siehe Abb. 1). Insbesondere ermöglicht diese Technik die gleichzeitige lokale Untersuchung an Kohlenstoff- und Stickstoffatomen innerhalb der Moleküle. Damit demonstriert das Forschungsteam, dass eine gleichzeitige Beobachtung mehrerer Positionen innerhalb molekularer Systeme möglich ist und ein Zugang zu korrelierten Dynamiken während molekularer Rekonfigurationen eröffnet wird.

Die Ergebnisse stellen einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur systematischen Untersuchung ultraschneller Dynamik molekularer Systeme in Lösung mit der Femtosekunden-Weichen-Röntgenspektroskopie-Spektroskopie dar. Neue Erkenntnisse über ultraschnelle Ladungstransportprozesse und photoinduzierte Umordnungen in Chemie und Biologie rücken in greifbare Nähe.

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