Mit Nanotech und Sonnenlicht für mehr Durchsicht

07.03.2019 - Schweiz

Eine neue, von ETH-Forschern entwickelte Beschichtung verhindert, dass Scheiben beschlagen. Sie heizt die Scheiben auf, ganz ohne Strom, nur mithilfe von Sonnenlicht.

ETH Zürich / Christopher Walker

Eine mit Nanopartikeln beschichtete Scheibe wurde im ETH-Labor in der Mitte mit Licht beschienen, weshalb sie dort nicht beschlug.

Skifahrer, Brillenträger, Fotografen und Autofahrer kennen es: Kommt man aus der Kälte an einen Ort, an dem es feucht ist, kann die Brille, das Foto-Objektiv oder die Windschutzscheibe beschlagen. Forscher der ETH Zürich haben nun eine neue, durchsichtige Materialbeschichtung entwickelt, welche das Beschlagen sehr stark reduziert. Es handelt sich um eine nur wenige Nanometer dünne dauerhafte Beschichtung aus Gold-Nanopartikeln, welche in Titanoxid, ein nichtleitendes Material, eingebettet sind.

«Diese Beschichtung absorbiert den Infrarotanteil sowie einen geringen Teil des sichtbaren Sonnenlichts und wandelt beides in Wärme um», erklärt Christopher Walker, Doktorand in der Gruppe von ETH-Professor Dimos Poulikakos und Erstautor der entsprechenden Studie. Dadurch heizt sich die Oberfläche um bis zu 3 oder 4 Grad Celsius auf. Dieser Temperaturunterschied verhindert das Beschlagen.

Passive Heizung

Auch in Autos kommt man beschlagenen Scheiben mit Wärme bei. Man heizt die Windschutzscheibe mit der Fahrzeugheizung und die Heckscheibe mit darauf aufgebrachten Heizdrähten. Im Unterscheid dazu funktioniert die neue Beschichtung der ETH-Forscher passiv. Man braucht keine andere Energiequelle als die Sonne, weshalb sich die Beschichtung auch für tragbare Gegenstände wie Brillen gut eignet.

Das Spezielle an der neuen Oberfläche: «Normalerweise sind es dunkle Flächen, die Licht absorbieren und in Wärme umwandeln», sagt Efstratios Mitridis, ebenfalls Doktorand in Poulikakos’ Gruppe. «Wir haben eine durchsichtige Fläche geschaffen, welche dies ebenfalls kann.»

Besser als Antifog-Spray

Beim Beschlagen kondensieren winzige Wassertröpfchen auf einer Oberfläche, wenn entweder die Temperatur abrupt fällt oder die Feuchtigkeit plötzlich zunimmt. Diese Tröpfchen brechen einfallendes Licht in unterschiedliche Richtungen, was die Trübung verursacht. Ausser mit Wärme kann man das Beschlagen auch verhindern, wenn man die Oberfläche mit wasseranziehenden (hydrophilen) Verbindungen beschichtet. Diese sorgen dafür, dass das kondensierende Wasser statt Tröpfchen einen gleichmässigen, dünnen Flüssigkeitsfilm bildet. Antifog-Sprays für Brillen nutzen in der Regel dieses Prinzip.

Tests haben nun gezeigt: Setzt man beschlagene Oberflächen Sonnenlicht aus, sind solche, die mit Gold-Nanopartikeln und Titanoxid beschichtet sind, viermal schneller vom Beschlag befreit, als solche, die mit herkömmlichen Antifog-Substanzen beschichtet sind. «Mit Sprays passiert es auch häufig, dass der Antifog-Film trocknet oder seine Verteilung ungleichmässig wird, womit er seine Wirkung einbüsst», sagt ETH-Doktorand Walker. «Zudem ist eine dauerhafte Beschichtung wie unsere viel beständiger als die Behandlung mit einem Spray, welche man fast täglich erneuern muss.»

Die ETH-Wissenschaftler möchten nun die neue Methode zusammen mit einem Industriepartner zur Marktreife bringen. «Unsere Ziele sind, die jetzt schon robuste Beschichtung weiter zu optimieren, so dass sie über Jahre beständig bleibt, sowie die Technologie vom Labormassstab an einen industriellen Massstab anzupassen», sagt Walker. Die Bandbreite an möglichen Anwendungen ist gross, darunter Autoscheiben und Rückspiegel oder Ski- und Taucherbrillen.

Originalveröffentlichung

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