Neue Katalysatorklasse für die Energieumwandlung

08.05.2019 - Deutschland

„Die theoretischen Möglichkeiten scheinen fast zu gut, um wahr zu sein", sagen Forscher.

© RUB, Marquard

Michael Meischein vor dem Sputter-System, in dem die Nanopartikel durch simultane Beschichtung aus mehreren Quellen in einer ionischen Flüssigkeit erzeugt werden

Viele der für die Energiewende wichtigen chemischen Reaktionen sind sehr komplex und laufen nur unter großen Energieverlusten ab. Das verhindert bisher die breite Anwendung von Energiewandlungs- und Speichersystemen oder Brennstoffzellen. Forscher der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung in Düsseldorf berichten nun von einer neuen, prinzipiell universell einsetzbaren Katalysatorklasse. Diese sogenannten Hochentropielegierungen basieren auf der ungewöhnlich gleichmäßigen Vermischung von meistens fünf Elementen. Sie könnten die seit Jahrzehnten unverrückbaren Grenzen herkömmlicher Katalysatoren sprengen. Die Hintergründe der Wirkungsweise sowie die Potenziale für eine systematische Nutzung beschreibt das Forscherteam im Journal ACS Energy Letters.

Materialbibliotheken für die Elektrokatalyseforschung

Die Materialklasse der Hochentropielegierungen zeigt physikalische Eigenschaften, die für viele Anwendungen vielversprechend sind. Bei der Sauerstoffreduktion erreichten sie bereits die Aktivität eines Platinkatalysators.

„An unserem Lehrstuhl haben wir einzigartige Methoden, um diese komplexen Materialien aus fünf Ausgangselementen mit unterschiedlichen Zusammensetzungen in Form von Schicht- und Nanopartikelbibliotheken herzustellen“, berichtet Prof. Dr. Alfred Ludwig vom Lehrstuhl für Werkstoffe der Mikrotechnik der RUB. Die Atome der Ausgangselemente vermischen sich im Plasma und bilden in einem Substrat aus ionischer Flüssigkeit Nanopartikel. Je näher an einer der fünf Atomquellen sich ein Partikel bildet, desto höher ist der Anteil dieses Elements im Partikel. „In der Elektrokatalyse ist der Einsatz dieser Materialien bisher nahezu unerforscht“, so Ludwig.

Einzelne Reaktionsschritte beeinflussen

Das soll sich nun ändern. Die Forscher haben die einzigartigen Wechselwirkungen der verschiedenen benachbarten Elemente postuliert, die es ermöglichen, Edelmetalle gleichwertig ersetzen zu können. „Unsere neuesten Forschungen zeigen noch weitere Besonderheiten, zum Beispiel dass diese Klasse möglicherweise auch die Abhängigkeit der einzelnen Reaktionsschritte untereinander beeinflussen kann“, sagt Tobias Löffler, Doktorand am Zentrum für Elektrochemie am Lehrstuhl für Analytische Chemie der RUB. „Damit würde sie zur Lösung eines großen Problems der Energieumwandlung beitragen: der großen Energieverluste. Die theoretischen Möglichkeiten scheinen fast zu gut, um wahr zu sein.“

Grundlage für weitere Forschung

Um schnell weitere Fortschritte in der Forschung zu erzielen, hat das Bochumer und Düsseldorfer Team seine ersten Erkenntnisse zur Deutung seiner Beobachtungen beschrieben, Herausforderungen erläutert und erste Richtlinien vorgeschlagen, die einen erfolgreichen Forschungsfortschritt versprechen. „Die Komplexität der Legierung spiegelt sich in den Forschungsergebnissen wieder, und es sind noch einige Untersuchungen notwendig, bevor das tatsächliche Potenzial abgeschätzt werden kann. Jedoch gibt es bisher keine Erkenntnisse, die einem Durchbruch generell im Wege stehen“, schätzt Prof. Dr. Wolfgang Schuhmann, Inhaber des Lehrstuhls Analytische Chemie der RUB.

Visualisierung in 3D

Der Erforschung dient zudem die Charakterisierung der Katalysatornanopartikel. „Um Hinweise über die Wirkung der exakten Struktur auf die Aktivität zu erlangen, ist eine hochauflösende Visualisierung der Katalysatoroberfläche auf atomarer Ebene hilfreich, am besten in 3D“, sagt Prof. Dr. Christina Scheu vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf. Dass dieses Ziel erreichbar ist, haben Forscher bereits gezeigt, wenn auch noch nicht für diese Katalysatorklasse.

Ob mit solchen Katalysatoren tatsächlich der Wandel zu einer nachhaltigen Energiewirtschaft gelingen kann, ist noch nicht klar. „Mit unserer Arbeit wollen wir die Grundlagen für Forschungen in diesem Themengebiet schaffen“, so die Autoren.

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