Ärger und Hoffnung - Ulm bleibt Standort für Batterieforschung
Ulm galt als Favorit - den Zuschlag bekam Münster
(dpa) Gut zwei Wochen nach der Entscheidung für Münster als Standort einer Forschungsfabrik für Batteriezellen hat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek die Entscheidung in der unterlegenen Stadt Ulm verteidigt. Zugleich rief die CDU-Politikerin Wissenschaftler am Montag aller sechs an dem Wettbewerb beteiligten Städte zur Zusammenarbeit auf. Nur so habe Deutschland eine Chance, den Rückstand gegenüber Asien bei der Produktion von Batterien für den Mobilitätswandel und die Digitalisierung aufzuholen. Der schwäbischen Stadt Ulm, dessen Forscher beim Besuch der Ministerin kein Hehl aus ihrer Verärgerung machten, versprach Karliczek: «Ulm wird ein Hauptstandort der Batterieforschung bleiben.»
Dafür werde «ein substanzieller zweistelliger Millionenbetrag» zur Verfügung gestellt, versprach sie am Montag bei einem Besuch von Forschungseinrichtungen in der Donaustadt. Erste Gespräche mit der Landesregierung über Investitionen für die weitere Förderung der Entwicklung moderner Batterien in Ulm sowie damit verbunden auch am Partnerstandort Karlsruhe seien bereits geführt worden.
Bei einer Pressekonferenz im Zentrum für Sonnenenergie - und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) verteidigte die Ministerin die Entscheidung für Münster, das künftig mit rund einer halben Milliarde Euro beim Bau der Batterie-Forschungsfabrik gefördert werden soll. Batteriezellen gelten als bedeutende Schlüsseltechnologie für die E-Mobilität der Zukunft.
Karliczek sagte, im Gegensatz zu von «verschiedenen Seiten» lancierten Angaben habe es keine Vorentscheidung oder Empfehlung der Gründungskommission beim Bundeswirtschaftsministerium für Ulm gegeben. Ausschlaggebend für die Entscheidung seien die Exzellenz der Forschung, der volkswirtschaftliche Nutzen und der gesamte Prozess der Batterieproduktion einschließlich des Recyclings gewesen. Bei letzterem habe Münster die Nase vorn gehabt.
Die Ministerpräsidenten von Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen hatten sich in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Standortwahl beschwert. Vor allem kritisierten sie, die Entscheidung für Münster, «die wohl einen langwierigen Aufbau neuer Strukturen nach sich zieht, wird wertvolle Zeit im Wettlauf gegen Deutschlands Wettbewerber verloren».
Ähnliches bekam Karliczek bei ihrem Besuch in Ulmer Wissenschaftsstadt zu hören. Anders als in Münster - der Heimatregion der Ministerin und zugleich ihr Nachbarwahlkreis - verfüge man in Ulm bereits seit 30 Jahren über erhebliche Erfahrungen bei der Entwicklung von Batterien, betonten Gesprächspartner.
Was immer in Münster entstehen soll, werde erst 2022 zur Verfügung stehen, warnte die Leiterin der Batterieforschung im ZSW, Margret Wohlfahrt-Mehrens. «Doch wir haben keine Zeit zu verlieren», sagte sie mit Blick auf die Konkurrenz in China sowie in den USA. Ähnlich wie der Ulmer Universitätspräsident Michael Weber betonte sie, dass die in der Donaustadt vorhandenen Forschungseinrichtungen der deutschlandweit beste Garant für Schnelligkeit im Aufholkampf gegen die globale Konkurrenz gewesen wären. In Ulm sei 2018 die größte deutsche Plattform für elektrochemische Energieforschung (Celest) gegründet worden, sagte Weber. Rund 500 Forscher würden in Ulm an relevanten Themen forschen.
Karliczek erwiderte die - im Ton höflich, aber in der Sache deutlich - vorgetragene Kritik der Ulmer Wissenschaftler durch den Hinweis auf ein übergeordnetes deutsches Interesse an Fortschritten in der Entwicklung und Produktion moderner Hochleistungsbatterien. Es gehe darum, global den Anschluss zu finden. Deshalb sollten alle sechs Standorte mit ihren entsprechenden Einrichtungen zusammenarbeiten. Der Bund werde dafür verstärkt Fördergelder bereitstellen. «Jede Kompetenz wird auf diesem Gebiet wird gebraucht.»
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) mahnte konkrete Zusagen Karliczeks an. Ulm und Karlsruhe müssten beim bundesweiten Dachkonzept zur Batteriezellforschung «auf Augenhöhe einbezogen werden», erklärte sie laut einer Mitteilung. «Bereits bestehende Förderzusagen für Projekte, die wir längst in der Pipeline haben, nur zu wiederholen, wird hier nicht ausreichen.» Baden-Württemberg erwarte vom Bund «ein nennenswertes, zusätzliches Engagement, das mehr als ein Trostpflaster ist».
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