Ein 150 Jahre altes Problem mittels KI gelöst
Neuer Ansatz ermöglicht präzise Vorhersagen des Phasenübergangs
Durch die Kombination von Konzepten aus der statistischen Physik mit maschinellem Lernen haben Forscher der Universität Bayreuth gezeigt, dass sich nun hochpräzise und effiziente Vorhersagen darüber treffen lassen, ob eine Substanz unter bestimmten Bedingungen flüssig oder gasförmig ist. Über ihre Ergebnisse berichten sie in der Fachzeitschrift Physical Review X.
Unter bestimmten Bedingungen kann Wasser gleichzeitig flüssig und gasförmig sein, zum Beispiel bei der Wolkenbildung: Je nach Temperatur kondensiert Wasserdampf in der Luft zu Tröpfchen. Die Theorie der Phasentrennung erklärt, warum und wie sich eine Flüssigkeit und ihr Dampf in zwei verschiedene Phasen aufspalten können - flüssig und gasförmig. Experimentelle Beobachtungen von Thomas Andrews im späten 19. Jahrhundert wiesen auf die Existenz einer kritischen Temperatur hin und kurz darauf beschrieb Johannes Diderik van der Waals (Nobelpreis 1910) die Phasentrennung anhand eines einfachen theoretischen Modells. Van der Waals' Theorie der Phasentrennung hat Lehrbuchcharakter, beruht jedoch auf groben Näherungen. Es bleibt schwierig vorherzusagen, ob eine Substanz unter gegebenen Bedingungen flüssig oder gasförmig sein wird. Moderne statistische Theorien wie die klassische Dichtefunktionaltheorie gehen viel weiter, beruhen jedoch ebenfalls auf schwer kontrollierbaren Näherungen. Dr. Florian Sammüller und Prof. Dr. Matthias Schmidt vom Lehrstuhl für Theoretische Physik II der Universität Bayreuth haben gemeinsam mit dem britischen Physiker Prof. emeritus Robert Evans FRS, dem Begründer der klassischen Dichtefunktionaltheorie, einen neuen Ansatz entwickelt, der präzise Vorhersagen des Phasenübergangs ermöglicht. Dies gelang ihnen durch die Kombination von theoretischer Physik und einem neuronalen Netz – einem Computermodell, das aus künstlichen „Nervenzellen“ besteht, die miteinander verbunden sind und Informationen verarbeiten.
In ihrer Studie kombinierten die Forscher die leistungsfähige theoretische Beschreibung mit der Genauigkeit von Computersimulationen. Die Eingangsdaten des neuronalen Netzes werden dabei entsprechend einer von Evans 1979 formulierten „funktionalen Beziehung“ verknüpft, wonach alle Eigenschaften eines Systems allein durch die Teilchendichte bestimmt werden. „Bisher waren funktionale Beziehungen der Modellierung durch physikalische Intuition und der Arbeit mit Stift und Papier vorbehalten. Maschinelles Lernen ermöglicht es nun, die damit verbundenen Einschränkungen zu überwinden und die Genauigkeit enorm zu verbessern. Eine Fülle von Annahmen, die seit van der Waals nur vermutet werden konnten, lassen sich nun quantitativ untersuchen und überraschenderweise größtenteils sehr eindeutig bestätigen“, sagt Schmidt.
Die verwendete hybride Methodik, die maschinelles Lernen und Fluidtheorie kombiniert, bietet ein breites zukünftiges Anwendungspotenzial in der vielseitigen Modellierung des Verhaltens von Substanzen und der in ihnen auftretenden Phänomene, wie etwa der Benetzung von Substraten, dem Kapillarverhalten in Poren oder Entmischungsphänomenen. „Die theoretische Physik, insbesondere die statistische Mechanik von Fluiden, bietet eine Fülle konkreter Tests in Form rigoros gültiger Gleichungen, mit denen sich die Qualität von KI-Vorhersagen beurteilen und letztlich kontrollieren lässt“, ergänzt Sammüller.
Originalveröffentlichung

Holen Sie sich die Chemie-Branche in Ihren Posteingang
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.