Wie die Natur Wasser spaltet und den Planeten mit Energie versorgt

12.08.2019 - Deutschland

Ein internationales Forschungsteam, darunter das Mülheimer Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI CEC) und die Australian National University (ANU), hat neue Ergebnisse zum Ablauf der Wasserspaltung in der natürlichen Photosynthese publiziert, ein Prozess von fundamentaler Bedeutung für das Leben auf der Erde. Die erzielten Ergebnisse sind auch wichtig für die Entwicklung von CO2-freien solaren Brennstoffen.

(c) MPICEC

Die Studie zeigt, wie der Komplex aktiviert wird und die kontrollierte Aufnahme von Wasser aus der Umgebung des Proteins abläuft.

Die Oxidation von zwei Wassermolekülen zu molekularem Sauerstoff mittels Sonnenlicht ist einer der ersten Schritte der sogenannten oxygenen Photosynthese, ein Prozess, der in allen Pflanzen, Algen und Cyanobakterien abläuft. Die Reaktion ähnelt der Lichtumwandlung in Photovoltaikanlagen. Allerdings werden hier anstelle von Elektrizität energiereiche chemische Verbindungen erzeugt, Kohlenhydrate, die uns dann als Nahrung und in fossiler Form als Brennstoffe (Öl, Gas, Kohle) zur Verfügung stehen. Durch die Freisetzung von Sauerstoff hat die Photosynthese auch unsere sauerstoffreiche Erdatmosphäre erzeugt sowie die Ozonschicht in der Stratosphäre, welche uns vor der harten UV-Strahlung der Sonne schützt.

Die Untersuchungen, unter der Leitung von Dr. Nick Cox, ehemaliger Gruppenleiter in der Abteilung von Prof. Wolfgang Lubitz am MPI CEC, konzentrierten sich auf ein photosynthetisches Enzym, das für die biologische Wasserspaltung verantwortlich ist. Die Reaktion läuft im sogenannten Photosystem II ab und zwar an einem Metallcluster, der aus vier Mangan- und einem Kalzium-Metall-Ion besteht.

Dieser Komplex bindet an benachbarten Zentren zwei Wassermoleküle, welche nach Oxidation und Protonenabgabe ein Sauerstoffmolekül bilden und freisetzen. Die Studie zeigt, wie dieser Komplex aktiviert wird und die kontrollierte Aufnahme von Wasser aus der Umgebung des Proteins abläuft.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Enzym atmet, um die Wassermoleküle aufzunehmen“, sagt Nick Cox. „Auf halben Weg durch den Reaktionszyklus beginnt das Enzym sich zu dehnen wie eine Ziehharmonika und ermöglicht damit die Bindung eines Wassermoleküls an den Mangan-Cluster.“

Wichtig ist dabei, dass diese Bewegung an anderen Stellen des Reaktionszyklus nicht möglich ist, was eine Wasseraufnahme verhindert. Dies ist die Basis der hochspezifischen Bildung eines Sauerstoffmoleküls aus zwei Wassermolekülen.

„Ohne die genaue sequenzielle Bindung und Umsetzung der beiden Wassermoleküle am Mangan-Cluster würden sich in dem Prozess leicht agressive Zwischenstufen des Sauerstoffs bilden (sogenannte reaktive Sauerstoffspezies), die mit dem Protein reagieren und dieses zerstören,“ sagt Dr. Maria Chrysina vom MPI CEC.

Falls es der Wissenschaft gelingt, die Wasserspaltung im Labor mit ähnlicher Effizienz wie in der Natur nachzuahmen, würde der Menschheit damit eine unerschöpfliche nachhaltige Energiequelle zur Verfügung stehen.

„Die Energie des Sonnenlichts, die in einer Stunde auf die Erdöberfläche fällt, reicht aus, um den momentanen Energiebedarf der gesamten Menschheit für ein ganzes Jahr zu decken“ sagt Professor Wolfgang Lubitz, Direktor emeritus am MPI CEC.

Die Entwicklung eines artifiziellen wasserspaltenden Enzyms würde es erlauben, “solare Brennstoffe” zu erzeugen, eine grüne Alternative zu Benzin, Diesel und Erdgas. Ein solcher solarer Brennstoff wäre z. B. Wasserstoff, der ohne Abgabe des Klimagases CO2 verbrennt. Wasserstoff aus der Spaltung von Wasser könnte dann auch für die Darstellung anderer wichtiger Chemikalien eingesetzt werden, z. B. für die Synthese von Düngemitteln in der Agrarwirtschaft - essenziell für die Lebensmittelversorgung der Weltbevölkerung.

Die Untersuchungen basieren auf einer spektroskopischen Technik (Elektronen Paramagnetische Resonanz, EPR), die zur Untersuchung magnetischer Materialien und auch für Metallzentren in biologischen Molekülen eingesetzt wird. Diese Technik liefert Informationen zur elektronischen Struktur eines katalytischen Zentrums, z.B. eines Metallo-Enzyms auf molekularer Ebene, wie im wasserspaltenden Enzym der Photosynthese.

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