Nylon als Baustein für transparente elektronische Geräte?

21.08.2019 - Deutschland

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P) in Mainz haben unter der Leitung von Dr. Kamal Asadi eine vier Jahrzehnte alte Herausforderung gelöst. Sie haben dünne Nylonschichten hergestellt, die beispielsweise in elektronischen Speicherkomponenten eingesetzt werden können. Die dünnen Nylonschichten sind mehrere 100-mal dünner als ein menschliches Haar und könnten daher für Anwendungen in biegsamen elektronischen Geräten oder für Elektronik in Kleidungsstücken attraktiv sein.

© MPI-P

Transparentes Nylon könnte in Zukunft einen wichtigen Baustein für die Entwicklung transparenter elektronischer Schaltungen darstellen.

Da sich die Elektronik-Industrie heutzutage immer mehr in Richtung tragbarer Geräte sowie elektronischer (E-)Textilien verlagert, könnten in Zukunft elektronische Materialien wie Ferroelektrika in unsere Kleidung integriert werden. Nylon, eine Familie synthetischer Polymere, wurde erstmals in den 1920er Jahren für Damenstrümpfe eingeführt und gehört heute zu den am häufigsten verwendeten synthetischen Fasern in Textilien. Es besteht aus einer langen Kette von sich wiederholenden molekularen Einheiten, d. h. Polymeren, wobei jede sich wiederholende Einheit eine bestimmte Anordnung von Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff sowie Kohlenstoffatomen enthält.

Neben der Verwendung in Textilien wurde gezeigt, dass einige Nylons auch sogenannte "ferroelektrische Eigenschaften" aufweisen. Dies bedeutet, dass positive und negative elektrische Ladungen getrennt werden können und dieser Zustand aufrechterhalten werden kann. Ferroelektrische Materialien werden beispielsweise in Sensoren, Aktuatoren, Speichern und Geräten zur Energiegewinnung eingesetzt. Der Vorteil beim Einsatz solcher Polymere besteht darin, dass sie mit geeigneten Lösungsmitteln verflüssigt und somit in gelöstem Zustand kostengünstig zu flexiblen Dünnschichten verarbeitet werden können, die sich für elektronische Komponenten wie Kondensatoren, Transistoren und Dioden eignen. Dies macht ferroelektrische Polymere zu einer geeigneten Wahl für die Integration in Textilien. Obwohl Nylonpolymere im Laufe der Jahre bedeutende kommerzielle Anwendungen in Geweben und Fasern gefunden haben, wurde sie bisher in elektronischen Geräten nur selten eingesetzt, da es unmöglich war, hochwertige dünne Schichten aus ferroelektrischem Nylon durch Lösungsverarbeitung herzustellen.

Wissenschaftler des MPI-P haben nun in Zusammenarbeit mit Forschern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Universität Lodz dieses vierzig Jahre alte Problem gelöst und ein Verfahren zur Herstellung ferroelektrischer Nylon-Dünnschichtkondensatoren entwickelt, indem sie Nylon in einer Mischung aus Trifluoressigsäure und Aceton aufgelöst und im Vakuum wieder verfestigt haben. Sie konnten dünne Nylonschichten herstellen, die typischerweise nur wenige 100 Nanometer dick sind, also mehrere 100 mal dünner als ein menschliches Haar. "Mit dieser Methode haben wir extrem glatte Dünnschichten hergestellt. Dies ist sehr wichtig, da es den elektrischen Durchbruch von beispielsweise Kondensatoren und somit die Zerstörung elektronischer Schaltungen verhindert. Gleichzeitig sind die dünnen Filme aufgrund der Glätte transparent, was transparente elektronische Geräte ermöglicht", sagt Dr. Kamal Asadi, Gruppenleiter am MPI-P.

Mit ihrem neu entwickelten Verfahren konnte die Gruppe um Kamal Asadi Hochleistungs-Nylonkondensatoren herstellen. Die Wissenschaftler unterzogen die Prototypen ausgedehnten Spannungszyklen und bewiesen die Stabilität des ferroelektrischen Nylons bei Millionen von Auf- und Entladevorgängen. Die dünnen Nylonschichten könnten in Zukunft zu einem wichtigen Bestandteil für den Einsatz in der flexiblen Elektronik werden und Anwendung in biegsamen elektronischen Geräten oder für Elektronik in Kleidungsstücken finden. Diese neuen Erkenntnisse ebnen den Weg zu multifunktionalem Gewebe, das sowohl als Stoff für Kleidung dient als auch gleichzeitig aus unserer Körperbewegung Strom erzeugen kann.

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