Superstrahler im UV-Licht
Freie-Elektronen-Laser FLASH entlockt Edelgas Xenon Superstrahlung
European XFEL, Laurent Mercadier
„Das Phänomen der Superstrahler ist in den 1970er Jahren im Mikrowellenbereich entdeckt und dann auch im infraroten und optischen Wellenlängenbereich nachgewiesen worden“, erläutert Rohringer. „Inzwischen kennt man auch Superstrahler im Röntgenbereich, die früher als heiße Kandidaten für Röntgenlaser gehandelt wurden. Im extremen Ultraviolett, also im XUV, ist zuvor jedoch kein Superstrahler gezeigt worden.“
Superstrahler verstärken das einfallende Licht und senden laserartige, also kohärente und in Richtung der Achse des Mediums gebündelte Strahlung aus. Um einen Superstrahler im XUV-Spektralbereich zu erzeugen, muss das einfallende Licht energiereich genug sein, um Elektronen aus der inneren Schale der Atome des Lasermediums herauszuschlagen. Durch Umverteilung in der Elektronenschale (Auger-Zerfall) entsteht ein Zustand, bei dem sich mehr Teilchen in einem energetisch höheren Zustand befinden als in einem energetisch niedrigeren. In der Physik heißt das Besetzungsinversion.
Fällt ein Atom von einem energetisch höheren Zustand auf einen niedrigeren zurück, strahlt es ein Lichtteilchen ab. Befinden sich genügend Atome im Zustand der Besetzungsinversion, baut sich nach einigen individuellen Zerfällen der energetisch angeregten Zustände einzelner Atome ein quantenmechanisch stark gekoppelter, sogenannter verschränkter Zustand der Atome auf, und das gesamte Ensemble angeregter Atomen fällt im Gleichklang (kohärent) auf einen niedrigeren Energiezustand zurück und sendet dabei einen hochintensiven Lichtblitz aus.
Versuchsprinzip: Der Strahl des Freie-Elektronen-Lasers (FEL) FLASH durchleuchtet eine Wolke aus Xenon-Atomen (Xe), die ausgelöste Superfluoreszenz (SF) zeigt sich als helle Linie im Spektrum des Freie-Elektronen-Lasers (FEL spectrum), hier in der Aufnahme eines einzelnen, individuellen FEL-Blitzes. Bild: European XFEL, Laurent MercadierWeist das aktive Medium eine Vorzugsrichtung aus wie beispielsweise ein langes, zylinderförmiges Medium, erfolgt die Abstrahlung in einem stark gebündelten, kohärenten Puls entlang der Achse – ähnlich wie Laserlicht. Bei gewöhnlichen Lasern muss sich diese Strahlung zwischen zwei Spiegeln in dem Medium verstärken, bevor ein nutzbarer Laserstrahl entsteht. Bei Superstrahlern reicht ein einziger Durchgang ohne Spiegel, das wird als Superfluoreszenz bezeichnet.
Die gleichzeitige Abstrahlung wird dabei durch einen quantenmechanischen Effekt verursacht, der sich aber in makroskopischer Form äußert: Die verschränkten Atome koppeln nicht individuell, sondern als ein einziges, gesamtes Medium an das quantisierte Lichtfeld (Vakuumfluktuationen des Lichtfeldes).
Das Team um Nina Rohringer von DESY, Laurent Mercadier vom europäischen Röntgenlaser European XFEL und José R. Crespo López-Urrutia vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg nutzte die Experimentierstation CAMP, um die intensiven, fokussierten Blitze von FLASH in eine Gaszelle gefüllt mit Xenon zu schießen und dabei einen 4,5 Millimeter langen und 0,04 Millimeter dicken Plasmakanal zu erzeugen. Die energiereichen Blitze mit einer Wellenlänge von 13 Nanometern (millionstel Millimeter) erzeugten eine starke Besetzungsinversion in dem Gas, das sich nach ungefähr einer zehntel Nanosekunde in einem hellen, 7 bis 21 billionstel Sekunden (Pikosekunden) langen Laserblitz der Wellenlängen 65 und 68 Nanometer entlud.
„Wir haben zur Anregung zwar einen Freie-Elektronen-Laser benutzt, weil der besonders helle und kurze Pulse liefert, wir konnten jedoch zeigen, dass zur Anregung kein Laserlicht nötig ist, um kohärente Superstrahlung zu erzeugen“, erläutert Rohringer. Der Xenon-Superstrahler sei zwar in der gezeigten Form keine Konkurrenz zu Freie-Elektronen-Lasern oder anderen XUV-Lasern, schreiben die Wissenschaftler, die Pulsdauer ließe sich jedoch noch optimieren. Und im Gegensatz zu Freie-Elektronen-Lasern erzeugen Superstrahler scharf definierte Spektrallinien mit genau festgelegter Wellenlänge, die für Untersuchungsmethoden wie beispielsweise die Spektroskopie interessant sind. Die Arbeit hilft jedoch vor allem, den Prozess der kurzwelligen Superstrahlung – ein makroskopisches Quantenphänomen – besser zu verstehen.
Originalveröffentlichung
"Evidence of Extreme Ultraviolet Superfluorescence in Xenon"; L. Mercadier, A. Benediktovitch, C. Weninger, M. A. Blessenohl, S. Bernitt, H. Bekker, S. Dobrodey, A. Sanchez-Gonzalez, B. Erk, C. Bomme, R. Boll, Z. Yin, V. P. Majety, R. Steinbrügge, M. A. Khalal, F. Penent, J. Palaudoux, P. Lablanquie, A. Rudenko, D. Rolles, J. R. Crespo López-Urrutia, and N. Rohringer; Physical Review Letters; 2019I: