Bottom-up-Synthese von kristallinen 2D-Polymeren

Erstmals gelingt Erweiterung in die zweite Dimension

27.09.2019 - Deutschland

Wissenschaftlern des Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed) an der TU Dresden ist es erstmals gelungen, flächige monomolekulare Quasi-2D-Polymere durch einen „Bottom-Up“-Prozess, also einen gezielten stufenweisen Aufbau der Molekülschichten, zu synthetisieren. Dafür wurde eine neuartige synthetische Reaktionsroute entwickelt. Die 2D-Polymere bestehen nur aus wenigen einzelnen Atomlagen und sind aufgrund ihrer ganz besonderen Eigenschaften ein vielversprechendes Material für die Anwendung in elektronischen Bauteilen und Systemen einer neuen Generation. Das Forschungsergebnis ist eine Gemeinschaftsarbeit mehrere Professuren an der TU Dresden sowie der Universität Ulm.

© Marc Hermann, TRICKLABOR/Dr. Haoyuan Qi, Uni Ulm

Seit Hermann Staudinger 1920 die linearen Polymere entdeckte, ist es ein Traum der Synthesewissenschaftler, die Polymerisation in die zweite Dimension zu erweitern. Ein zweidimensionales (2D) Polymer ist ein plattenförmiges monomolekulares Makromolekül, das aus lateral verbundenen Wiederholungseinheiten mit Endgruppen entlang aller Kanten besteht. Angesichts der riesigen chemischen und strukturellen Vielfalt der Bausteine (Monomere) sind 2D-Polymere vielversprechend in der rationellen Materialgestaltung, die auf Anwendungen der nächsten Generation zugeschnitten ist, wie Membrantrennprozesse, Elektronik, optische Geräte, Energiespeicherung und -umwandlung, etc. Trotz der enormen Entwicklungen in der synthetischen Chemie im letzten Jahrhundert bleibt die „Bottom-up“-Synthese (ein gezielter stufenweiser Aufbau) von 2D-Polymeren mit definierten Strukturen jedoch eine gewaltige Aufgabe.

Seit 2014 hat sich eine Gruppe von Wissenschaftlern der Technischen Universität Dresden und der Universität Ulm zusammengeschlossen, um dieses faszinierende und zugleich anspruchsvolle Ziel zu verfolgen. Das Forschungsteam um Prof. Dr. Xinliang Feng (TU Dresden) entwickelte eine neuartige synthetische Route: Mit Hilfe einer Tensid-Monoschicht als weiche Schablone wird die supramolekulare Organisation von Monomeren gesteuert und die anschließende 2D-Polymerisation an einer Luft-Wasser-Grenzfläche durchgeführt. Diese synthetische Methode wird heute als surfactant-monolayer-assistant interfacial synthesis (SMAIS) (=Tensid-Monoschicht-assistierte Grenzflächensynthese) bezeichnet. Mit Hilfe der SMAIS-Methode synthetisierte Dr. Tao Zhang kristalline Quasi-2D-Polyanilinschichten mit einer lateralen Ausdehnung von ~50 cm2 und einer einstellbaren Dicke (2,6 - 30 nm). Die überlegenen Ladungstransporteigenschaften und die Chemiresistivität gegenüber Ammoniak und flüchtigen organischen Verbindungen machen die Quasi-2D-Polyanilinfilme zu vielversprechenden elektroaktiven Materialien für die organische Dünnschicht-Elektronik. Um das Potenzial von SMAIS weiter zu erforschen, gelang es Herrn Kejun Liu, Dr. Tao Zhang, Dr. Zhikun Zheng und Dr. Renhao Dong erstmals, mittels einer kontrollierten Synthese hochkristallines, 2D-Polyimid und Polyamid mit einigen wenigen Atomlagen herzustellen. Die 2D-Polymere haben eine Dicke von nur wenigen Nanometern und können problemlos auf beliebige Substrate übertragen werden, was eine interessante Möglichkeit für die Integration von 2D-Polymeren in Bauteile und Systeme einer neuen Generation eröffnet.

Neben den zentralen Entwicklungen im Synthesebereich bildete die Gruppe für Transmissions-Elektronenmikroskopie (TEM) um Prof. Dr. Ute Kaiser (Uni Ulm) eine weitere unverzichtbare Säule dieses gemeinsamen Forschunsgvorhabens. Seit der Entwicklung der Aberrationskorrektur sind hochauflösende TEM-Bildgebungsverfahren eine leistungsstarke Technik zur strukturellen Charakterisierung bis in den atomaren Bereich. Wasserstoffhaltige organische Materialien sind jedoch extrem anfällig für strukturelle Zerfälle unter dem Elektronenstrahl, was die HRTEM-Bildgebung von 2D-Polymeren zu einer sehr anspruchsvollen Aufgabe macht. Mit dem sphärisch-aberrationskorrigierten HRTEM hat Dr. Haoyuan Qi die Mikromorphologie, Molekularstrukturen, Korngrenzen und Kantenstrukturen der synthetischen 2D-Polymere erfolgreich entschlüsselt – eine Leistung, die in der Fachliteratur bisher nur selten beschrieben ist.

Die molekularen Strukturen und die Gesamtkristallinität wurden durch Röntgenbeugung unter streifendem Einfall (GIXRD) mit hochintensiver Synchrotronstrahlung weiter aufgedeckt, diese Untersuchungen führte die cfaed-Professur für Organische Bauelemente, Prof. Dr. Stefan Mannsfeld (TU Dresden) durch. Die dichtefunktionale Bindungsberechnung übernahm die Gruppe um Prof. Dr. Thomas Heine (ebenfalls TU Dresden), welche wichtige Einblicke in die atomaren Strukturen der synthetischen 2D-Polymere liefert.

Originalveröffentlichung

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