Chemieindustrie: M&A Markt bricht um ein Drittel ein

08.01.2020 - Deutschland

Unternehmen fürchten schwächelnde Konjunktur und setzen auf regionale Expansion statt auf weltweite Größe.

A.T. Kearney

Verglichen mit dem vergangenen Jahre ist die Skepsis der Führungskräfte größer geworden.

"Chinas gedrosseltes Wachstum, eskalierende Risiken für Handelskriege und der ungelöste Brexit trüben den Appetit für Transaktionen in der Chemieindustrie. In diesem Umfeld sehen Führungskräfte nach den Megadeals der vergangenen Jahre in dem ausbleibendem Weltwirtschaftswachstum das größte Hindernis für Fusionen oder Übernahmen", so Thomas Rings, Chemieexperte und Partner bei der Unternehmensberatung A.T. Kearney.

Nach den Megadeals der vergangenen Jahre sind Anzahl und Volumen der Transaktionen unter Chemiefirmen deutlich zurückgegangen, wie der M&A Report 2019 für die Chemieindustrie von A.T. Kearney zeigt. Der Wert der noch ausstehenden Deals ist auf 67 Prozent des Vorjahres abgestürzt, wobei der größte Anteil auf Megadeals wie Bayers Übernahme von Monsanto und die Linde-Praxair-Fusion entfällt. Der Wert der angekündigten Deals hat sich 2018 um 18 Prozent reduziert, während die Anzahl angekündigter Deals um 11 Prozent gesunken ist und damit 10 Prozent unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre liegt.

Der "M&A Chemicals Report 2019" gibt einen Rückblick und einen Ausblick auf Transaktionen in der Chemieindustrie. Er stützt sich auf Untersuchungen abgeschlossener und angekündigter Deals und eine Umfrage von weltweit mehr als 100 Führungskräften aus Industrie, Investment Banking und Private Equity Häusern.

Eine Mehrheit glaubt, dass die weltweiten M&A Aktivitäten trotz der kriselnden Weltwirtschaft zunehmen oder sich zumindest auf dem Niveau der vergangenen Jahre stabilisieren werden. 39 Prozent der Führungskräfte gehen von einer Zunahme der M&A- Aktivitäten aus, 41 Prozent von einer Stabilisierung auf hohem Niveau. Verglichen mit dem vergangenen Jahr ist die Skepsis der Führungskräfte größer geworden: Fast 50 Prozent der Führungskräfte schätzen, dass das weltweit zurückgehende Wachstum die M&A Aktivitäten der Industrie bremsen wird.

Geographisch ist mit einer weiteren Verschiebung der Deals in die Richtung von Schwellenländern wie China und Mittlerer Osten zu rechnen. "Der Hunger auf lokale Konsolidierung wie auch Downstream-Erweiterungen in China und im Mittleren Osten treiben M&A in den Schwellenländern voran", so Thomas Rings.

Die M&A Landschaft erlebt auch einen Wechsel bei den Investoren: In den vergangenen Jahren bestimmten strategische Einkäufer das Feld und ließen Private Equity nur wenig Raum. Mit einem Finanzinvestor-Anteil von fast 30 Prozent an den weltweiten Deals im Jahr 2018 gegenüber nur sieben Prozent 2016 zeichnet sich eine Trendwende ab. "Private Equity-Investoren haben in 2018 einen bedeutenden Anteil des M&A Markts dazu gewonnen, so dass der Anteil von Finanzinvestoren wieder auf dem Niveau von 2016 vor der Mega-Merger-Welle angekommen ist", so Evelyn Hartinger, Principal bei A.T. Kearney. Und auch die Motive für Fusionen und Akquisitionen ändern sich: Waren bislang Konsolidierung und Größe die wichtigsten Gründe, sind es nun regionale Expansion und Erweiterung des Produkt- und Serviceportfolios.

"Nach der heißen Phase der Megadeals, in Deutschland geprägt von Bayers Übernahme von Monsanto und Lindes Fusion mit dem US-Konzern Praxair, sehen wir nun verbleibende Deals, die kartellrechtlichen Verkaufsverpflichtungen folgen wie die Akquisition weiter Teile des Bayer Saatgut- und Pflanzenschutzportfolios durch BASF oder die Übernahme der Linde Assets in den USA und Südamerika durch die Messer Group", so Rings. Ausländische Investoren waren in Deutschland zuletzt zurückhaltend. Neben der im Sommer 2019 angekündigten EUR 1,1 Mrd. großen Investition der japanischen DIC Corporation in BASF Pigmentgeschäft, fokussierten sich ausländische Käufer auf gezielte Investitionen in den Mittelstand. Rings empfiehlt: "Angesichts der vorherrschenden Transaktions-Typen und eines gesteigerten Drucks, Synergien zu realisieren, um die hohen Marktpreise zu rechtfertigen, müssen Unternehmen Synergien auf breiter Basis realisieren und dabei nicht nur auf Kosten, sondern auch auf Top-Line Synergien zielen."

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