Breites Spektrum: Neuartiges Hybridmaterial erweist sich als effizienter Fotodetektor

14.04.2020 - Deutschland

Digitalkameras, aber auch viele andere elektronische Anwendungen benötigen lichtempfindliche Sensoren. Um den steigenden Bedarf an solchen optoelektronischen Bauteilen zu decken, sucht die Industrie nach neuen Halbleitermaterialien. Diese sollten nicht nur einen möglichst breiten Wellenlängenbereich erfassen, sondern auch preisgünstig sein. Ein in Dresden entwickeltes Hybridmaterial erfüllt beide Anforderungen. Himani Arora, Physik-Doktorandin am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), wies nach, dass sich eine metallorganische Verbindung als Breitband-Fotodetektor verwenden lässt. Da es keine teuren Rohstoffe enthält, kann es in großen Mengen preisgünstig produziert werden.

HZDR / Juniks

Physiker des HZDR und der TU Dresden haben einen Fotodetektor entwickelt, der vollständig aus Schichten metallorganischer Gerüste aufgebaut ist. Da die Verbindung einen breiten Wellenlängenbereich des Lichts erfassen und in elektrische Signale umwandeln kann, könnte sie sich als neuartiges Detekormaterial erweisen.

Metallorganische Gerüste (Metal-Organic Frameworks, MOFs) haben sich in den vergangenen zwanzig Jahren zu einem gefragten Materialsystem entwickelt. Die hochporösen Stoffe, die bis zu 90 Prozent aus leerem Raum bestehen, werden bisher vor allem zur Speicherung von Gasen, zur Katalyse oder zur langsamen Freisetzung von Arzneimitteln im menschlichen Körper verwendet. „Die an der TU Dresden entwickelte metallorganische Gerüstverbindung besteht aus einem organischen Material mit eingebauten Eisenionen“, erklärt Dr. Artur Erbe, Leiter der Arbeitsgruppe „Transport in Nanostrukturen“ am HZDR-Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung. „Besonders daran ist, dass das Gerüst übereinanderliegende Schichten mit halbleitenden Eigenschaften bildet, was es für potentielle Anwendungen in der Optoelektronik interessant macht.“

In der Arbeitsgruppe entstand die Idee, das neue halbleitende zweidimensionale MOF als Fotodetektor zu nutzen. Um diese Möglichkeit zu erforschen, nahm Himani Arora die elektronischen Eigenschaften des Halbleiters unter die Lupe. Sie untersuchte unter anderem, inwieweit die Lichtempfindlichkeit von Temperatur und Wellenlänge abhängig ist und kam zu einem vielversprechenden Ergebnis: Mit 400 bis 1575 Nanometer kann der Halbleiter einen breiten Wellenlängenbereich des Lichts erfassen. Das Spektrum reicht somit von der Ultraviolettstrahlung bis ins nahe Infrarot. „Wir haben hier zum ersten Mal eine solche breitbandige Fotoreaktion für einen vollständig auf MOF-Schichten basierenden Fotodetektor nachgewiesen“, stellt die Doktorandin fest. „Das sind ideale Eigenschaften, um das Material als aktives Element in optoelektronischen Bauelementen zu nutzen.“

Effizient durch kleine Bandlücke

Welches Spektrum an Wellenlängen ein Halbleitermaterial erfassen und in elektrische Signale umwandeln kann, hängt im Wesentlichen von der sogenannten Bandlücke ab. Mit diesem Begriff bezeichnen Experten den energetischen Abstand zwischen Valenzband und Leitungsband eines Festkörpers. Das Valenzband ist bei typischen Halbleitern ganz gefüllt, sodass die Elektronen sich nicht bewegen können. Das Leitungsband dagegen ist weitgehend leer, die Elektronen können sich darin frei bewegen und zum Stromfluss beitragen. Während bei Nichtleitern die Bandlücke zu groß ist, als dass Elektronen vom Valenzband ins Leitungsband überwechseln können, weisen Metalle als Leiter gar keine Lücke auf. Die Bandlücke der Halbleiter ist gerade so groß, dass durch Lichtwellen Elektronen auf das höhere Energieniveau des Leitungsbandes gehoben werden. Je kleiner die Bandlücke, desto weniger Energie ist nötig, um ein Elektron anzuregen. „Weil bei dem von uns untersuchten Material die Bandlücke sehr klein ist, reicht schon eine geringe Lichtenergie zur Strominduktion aus“, erläutert Arora Himani. „Das erklärt den großen nutzbaren Spektralbereich.“

Durch Abkühlung des Detektors auf niedrigere Temperaturen lässt sich die Leistung noch verbessern, weil damit die thermische Anregung von Elektronen unterdrückt wird. Weitere Verbesserungen sind durch Optimierung der Bauteilkonfiguration, Herstellung zuverlässiger Kontakte und Weiterentwicklung des Materials möglich. Die Ergebnisse deuten auf eine vielversprechende Zukunft für die MOF-basierte Fotodetektion hin. Aufgrund ihrer elektronischen Eigenschaften und der kostengünstigen Herstellung sind MOF-Schichten aussichtsreiche Kandidaten für eine Vielzahl von optoelektronischen Anwendungen.

„Nächster Schritt ist die Skalierung der Schichtdicke“, gibt Artur Erbe einen Ausblick. „In der Studie wurden 1,7 Mikrometer dicke MOF-Filme beim Aufbau des Fotodetektors verwendet. Für die Integration in Bauteile müssen diese wesentlich dünner sein.“ Ziel ist es, die übereinandergeschichteten Lagen möglichst auf 70 Nanometer, also auf ein 25stel zu reduzieren. Bis zu dieser Schichtdicke sollte das Material noch vergleichbare Eigenschaften besitzen. Gelingt der Nachweis, dass die Funktionalität in einer deutlich dünneren Schicht erhalten bleibt, kann die Weiterentwicklung bis hin zur Fertigungsreife beginnen.

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