Neue Herstellungsverfahren für Super-Kunststoffe

Wasser statt Gift: Grüne Kunststoffproduktion mittels Hydrothermalsynthese

22.04.2020 - Österreich

Organische Kunststoffe sind zwar selbst nicht umweltschädlich, doch bei ihrer Herstellung kommen oft giftige Substanzen zum Einsatz. Die TU Wien zeigt: Es geht auch anders.

© Miriam Unterlass / TU Wien

Stahlreaktor im Labor von Miriam Unterlass

Viele Materialien, die wir täglich verwenden, sind nicht nachhaltig. Manche sind schädlich für Pflanzen oder Tiere, andere beinhalten seltene Elemente, die nicht immer so leicht verfügbar sein werden wie heute. Eine große Zukunftshoffnung ist es, verschiedene Materialeigenschaften auch durch neuartige organische Moleküle zu erzielen. Organische Hochleistungsmaterialien, die nur häufige Elemente wie Kohlenstoff, Wasserstoff oder Sauerstoff enthalten, könnten unser Ressourcenproblem lösen – allerdings ist ihre Herstellung meist alles andere als umweltschonend. Oft kommen bei der Synthese solcher Materialien sehr giftige Substanzen zum Einsatz, auch wenn das Endprodukt selbst ungiftig ist.

An der TU Wien geht man einen anderen Weg: In der Forschungsgruppe für organische Hochleistungsmaterialien, geleitet von Prof. Miriam Unterlass an der Fakultät für technische Chemie der TU Wien, verwendet man eine völlig andere Herstellungsmethode. Dabei wird statt giftiger Zusatzstoffe nur heißes Wasser verwendet. Nun gelang ein entscheidender Durchbruch: Zwei wichtige Polymerklassen konnten nun mit dem neuen Verfahren erzeugt werden – ein wichtiger Schritt zur industriellen Anwendung der neuen Methode.

Hoher Druck und hohe Temperatur

„Wir forschen an sogenannten hydrothermalen Syntheseverfahren“, sagt Miriam Unterlass. „Dabei arbeiten wir bei hohem Druck und hoher Temperatur, in der Größenordnung von 17 bar und 200° C. Wie sich zeigt, kann man bei solchen Extrembedingungen auf giftige Lösungsmittel verzichten, die man sonst für die Herstellung dieser Polymere benötigen würde.“ Als „Grüne Chemie“ werden solche Methoden bezeichnet, mit denen man nicht nur die Endprodukte, sondern auch die Syntheseverfahren in der chemischen Industrie umweltschonender gestalten kann.

Bereits vor mehreren Jahren erzielte Miriam Unterlass mit dieser Technik erste Erfolge. „Es gelang uns beispielsweise organische Farbstoffe herzustellen, oder auch Polyimide – Kunststoffe, die aus der Luftfahrt- und aus der Elektronik-Industrie nicht wegzudenken sind. Das sorgte auch gleich für großes Interesse seitens der Industrie“, sagt Unterlass. „Doch nun sind wir einen wichtigen Schritt weitergegangen: Wir konnten verschiedene Polymer-Beispiele aus zwei hochinteressanten Kunststoffklassen synthetisieren – Polybenzimidazole und Pyrronpolymere.“

Neue Herstellungsverfahren für Super-Kunststoffe

Polybenzimidazole verwendet man heute beispielsweise als Membranen in Brennstoffzellen, weil sie auch bei hohen Temperaturen säurebeständig sind und außerdem Protonen leiten können. Polybenzimidazolfasern finden sich auch in feuerfester Kleidung wie etwa den Schutzanzügen von Feuerwehrleuten. „Daran sieht man schon, dass es sich um richtige Super-Kunststoffe handelt“, meint Unterlass.

Pyrronpolymere hingegen haben neben ihrer guten Stabilität auch noch besonders interessante elektronische Eigenschaften. Daher eignen sie sich beispielsweise zur Anwendung in Feldeffekttransistoren oder als leistungsfähiges und hochbeständiges Elektrodenmaterial in Batterien.

„Dass sich diese Polymere mit Hilfe unseres hydrothermalen Verfahrens herstellen lassen, ist bemerkenswert, weil die chemische Reaktionen zur Herstellung dieser Kunststoffe unter Normalbedingungen empfindlich gegenüber Wasser sind“ , sagt Miriam Unterlass. „Das zeigt, wie vielversprechend unsere Methode ist, für ganz unterschiedliche Einsatzbereiche.“

Die neue Herstellungsmethode für die beiden neuen Materialklassen wurde bereits patentiert, mit Unterstützung des Forschungs- und Transfersupports der TU Wien. Die elektrochemische Analyse der Produkte wurde in Kooperation mit dem Imperial College in London durchgeführt.

Originalveröffentlichung

M. J. Taublaender, S. Mezzavilla, S. Thiele, F. Glöcklhofer and M. M. Unterlass; "Hydrothermal Generation of Conjugated Polymers on the Example of Pyrrone Polymers and Polybenzimidazoles"; Angew. Chem. Int. Ed.; 2020, accepted.

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Diese Produkte könnten Sie interessieren

HYPERION II

HYPERION II von Bruker

FT-IR und IR-Laser-Imaging (QCL) Mikroskop für Forschung und Entwicklung

Untersuchen Sie makroskopische Proben mit mikroskopischer Auflösung (5 µm) in sekundenschnelle

FT-IR-Mikroskope
Eclipse

Eclipse von Wyatt Technology

FFF-MALS System zur Trennung und Charakterisierung von Makromolekülen und Nanopartikeln

Neuestes FFF-MALS-System entwickelt für höchste Benutzerfreundlichkeit, Robustheit und Datenqualität

Loading...

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Alle FT-IR-Spektrometer Hersteller

Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten

Themenwelt Synthese

Die chemische Synthese steht im Zentrum der modernen Chemie und ermöglicht die gezielte Herstellung von Molekülen mit spezifischen Eigenschaften. Durch das Zusammenführen von Ausgangsstoffen in definierten Reaktionsbedingungen können Chemiker eine breite Palette von Verbindungen erstellen, von einfachen Molekülen bis hin zu komplexen Wirkstoffen.

20+ Produkte
5+ White Paper
20+ Broschüren
Themenwelt anzeigen
Themenwelt Synthese

Themenwelt Synthese

Die chemische Synthese steht im Zentrum der modernen Chemie und ermöglicht die gezielte Herstellung von Molekülen mit spezifischen Eigenschaften. Durch das Zusammenführen von Ausgangsstoffen in definierten Reaktionsbedingungen können Chemiker eine breite Palette von Verbindungen erstellen, von einfachen Molekülen bis hin zu komplexen Wirkstoffen.

20+ Produkte
5+ White Paper
20+ Broschüren