Darauf brennt die Fachwelt schon lange: Chemiker stellen neuen Kernbrennstoff her

Die neue Verbindung Uran-Dinitrid könnte einstmals in Kernreaktoren zum Einsatz kommen

11.08.2020 - Deutschland

Im Kern etwas Neues: Marburger Chemiker haben erstmals eine molekulare Form der Uran-Stickstoff-Verbindung Uran-Dinitrid hergestellt, die nicht in eine andere Substanz zur Stabilisierung eingebettet ist. Das Molekül könnte sich als Brennstoff für Kernkraftwerke eignen. Die Wissenschaftler um Professor Dr. Florian Kraus von der Philipps-Universität berichten über ihre Entdeckung im Wissenschaftsmagazin „Nature Chemistry“.

Benjamin Scheibe

Darauf brennt die Fachwelt schon lange: Prof. Dr. Florian Kraus, Dr. Stefan S. Rudel, Dr. H. Lars Deubner und Dr. Matthias Müller (v. l.) stellten erstmals molekulares UN2 her.

Es sieht so simpel aus – Uran-Dinitrid enthält zwei Stickstoffatome, die beiderseits mittels Dreifachbindungen an ein zentrales Uranatom gebunden sind: N≡U≡N. Nun, so einfach ist es nicht, wie Florian Kraus zu berichten weiß: „Das UN2-Molekül ist eine Spezies, der Uranchemiker schon seit vielen Jahrzehnten hinterherjagen.“ Dem Marburger Hochschullehrer ist es mit seiner Arbeitsgruppe jetzt endlich gelungen, die Verbindung herzustellen.

Das Team präsentiert drei Komplexe mit UN2, in denen die Verbindung in linearer Anordnung vorliegt. Die Wissenschaftler charakterisierten das Molekül mit Röntgenkristallographie und verschiedenen spektroskopischen Verfahren sowie quantenchemischen Berechnungen. Diese Analysen bestätigen, dass Dreifachbindungen zwischen den Atomen bestehen. „Das Molekül entspricht in seinem Aufbau dem Uranyl-Kation aus Uran und Sauerstoff – das ist die häufigste Form von Uranverbindungen“, erklärt Stefan Rudel, der seine Doktorarbeit bei Kraus anfertigt und als Erstautor des Fachaufsatzes firmiert.

„Manche Fachleute träumen davon, auf der Basis von UN2 einen neuen Kernbrennstoff zu entwickeln“, sagt Kraus. Die nächste Generation von Reaktorsystemen könnte auf solchen Brennstoffen beruhen. „Unsere Experimente mit UN2 zeigen: Verwendet man flüssiges Ammoniak als Reaktionspartner und zugleich auch als Lösungsmittel, kommt es nicht zu unerwünschten Reaktionen“, führt der Chemiker aus. „Zudem ist Ammoniak als großindustriell hergestellter Stoff billig und nahezu unbegrenzt verfügbar – diese Umstände sind besonders vorteilhaft, wenn man keramische Kernbrennstoffe synthetisieren möchte.“

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