Enzyme für industrielle Anwendungen fit machen

Biobasiertes Verfahren für die Ammoniakproduktion und Biobrennstoffzelle mit Enzym realisiert

27.08.2020 - Deutschland

Bakterielle Enzyme sind oft leistungsfähige, aber auch sehr empfindliche Katalysatoren. Um ihre Leistung abzurufen, brauchen sie daher eine besondere Umgebung.

© RUB, Marquard

Gemeinsam mit ihren Kooperationspartner arbeitet das Team vom Bochumer Zentrum für Elektrochemie an der Entwicklung neuer Katalysatoren.

Neue Techniken, mit denen sich bakterielle Enzyme effizient an Elektroden koppeln lassen, haben Forscher der Ruhr-Universität Bochum (RUB) entwickelt. Zusammen mit einem Team von der University of Utah realisierten sie basierend auf einem Nitrogenase-Enzym ein System für die Ammoniaksynthese. Außerdem konzipierten sie aufbauend auf einem Hydrogenase-Enzym, gemeinsam mit einem Team vom Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion, eine Wasserstoff-Sauerstoff-Biobrennstoffzelle. Beide Arbeiten sind in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“ veröffentlicht, erschienen im Mai und Juni 2020.

Leistungsfähige Enzyme benötigen besondere Bedingungen

Viele Enzyme, die in der Natur vorkommen, sind leistungsfähige Katalysatoren, etwa die sogenannten [FeFe]-Hydrogenasen, mit deren Hilfe Bakterien Wasserstoff produzieren, oder Nitrogenasen, denen es gelingt die stärkste Bindung in der Natur im Stickstoff zu aktivieren. Beide Enzyme sind hochempfindlich gegenüber Sauerstoff, nutzen aber gut verfügbare Nichtedelmetalle in ihren aktiven Zentren. So könnten sie eines Tages teure Edelmetallkatalysatoren ersetzen. „Solche hochempfindlichen Katalysatoren für Biobrennstoffzellen zu nutzen ist nach wie vor eine der größten Herausforderungen bei der nachhaltigen Energieumwandlung“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Schuhmann, Leiter des RUB-Zentrums für Elektrochemie und Mitglied im Exzellenzcluster Ruhr Explores Solvation, Resolv.

Biobrennstoffzelle mit Enzym realisiert

In Kooperation mit dem Team um Prof. Dr. Wolfgang Lubitz vom Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr zeigte die Bochumer Gruppe, unter welchen Umständen das dennoch möglich ist. Sie nutzten eine sogenannte [FeFe]-Hydrogenase aus dem Bakterium Desulfovibrio desulfuricans. Diese ist zwar ein sehr effizienter Katalysator, muss aber in der Brennstoffzelle vor dem Sauerstoff geschützt werden, der an der zweiten Elektrode zum Betrieb benötigt wird.

In der vorliegenden Arbeit integrierten die Wissenschaftler die [FeFe]-Hydrogenase erstmals in eine mit sogenannten Gasdiffusionselektroden betriebene Biobrennstoffzelle. In dieser werden der Wasserstoff und der Sauerstoff durch eine Membran zu den Enzymen geleitet. Das Team bettete das Enzym in eine Matrix aus einem sogenannten Redoxpolymer ein, welches das Enzym auf der gasdurchlässigen Elektrodenoberfläche fixiert; gleichzeitig schützt es vor den schädlichen Einflüssen von Sauerstoff und stellt zudem elektrischen Kontakt zwischen Enzym und Elektrode her. Mit diesem Aufbau erreichte die Brennstoffzelle bisher nicht erreichte hohe Stromdichten von 14 Milliampere pro Quadratzentimeter und hohe Leistungsdichten von 5,4 Milliwatt pro Quadratzentimeter.

Biobasiertes Verfahren für die Ammoniakproduktion

In der zweiten Arbeit suchten die Bochumer Wissenschaftler gemeinsam mit der US-amerikanischen Gruppe um Prof. Shelley Minteer von der Universität in Salt-Lake City nach einer bioelektrosynthetischen Alternative für die Ammoniaksynthese. In der chemischen Industrie wird Ammoniak standardmäßig mit dem Haber-Bosch-Verfahren bei hoher Temperatur und hohem Druck und mit einer erheblichen CO2-Freisetzung hergestellt.

Manche Bakterien besitzen Enzyme, Nitrogenasen genannt, mit denen sie molekularen Stickstoff (N2) fixieren und bei Raumtemperatur und ohne erhöhten Druck verstoffwechseln können. In lebenden Organismen verbraucht das jedoch viel Energie in Form der Energiespeichermoleküle ATP.

Das Forschungsteam zeigte, dass es möglich ist, die Nitrogenase aus dem Bakterium Azotobacter vinelandii mit einer Elektrode zu koppeln, über die die erforderlichen Elektronen für die Reaktion zugeliefert werden können, sodass kein ATP benötigt wird. Schlüssel zum Erfolg war einmal mehr ein Redoxpolymer, mit dessen Hilfe ein stabiler und effizienter elektrischer Kontakt zwischen der Elektrode und dem Nitrogenase-Redoxpolymer-Verbund herstellt werden konnte. „Unseres Wissens nach sind die Fixierung und Kontaktierung von Nitrogenasen in Redoxpolymeren der erste Schritt, um Nitrogenasen für die Bioelektrosynthese anwendbar zu machen“, schreiben die Autorinnen und Autoren der Studie.

Originalveröffentlichung

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