Emissionsmessung neu gedacht

Start-up erhält EXIST-Forschungstransfer für innovativen Radarsensor für Feinstaubmessungen

03.09.2020 - Deutschland

Klein, kompakt und innovativ: Der aerosense Radarsensor, entwickelt von Absolventen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), ist in der Lage, durch Verbrennung entstehende Feinstaubemissionen nicht nur in Sekundenschnelle zu messen, sondern gleichzeitig auch auszuwerten. Die Kieler Technologie ist weltweit einzigartig und auf dem Markt eine Neuheit. Der Industrie können damit Daten in Echtzeit geliefert werden, um Produktions- und Verbrennungsprozesse zu optimieren. Um die Technologie weiterzuentwickeln und zu vermarkten, werden die angehenden Unternehmensgründer Dr. Alexander Teplyuk, Dr. Phillip Durdaut, Leve Freiwald und Robin Sielken seit dem 1. September durch das EXIST-Forschungstransfer Programm des Bundeswirtschaftsministeriums gefördert. Über die Laufzeit von 18 Monaten erhalten sie insgesamt 750.000 Euro.

Al3xanderD, pixabay.com

Symbolbild

© Gerrit Jochims

Das aerosense-Team (v.l.): Leve Freiwald, Robin Sielken, Alexander Teplyuk und Phillip Durdaut.

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Feinstaub werden die nur wenigen Mikrometer kleinen Partikel genannt, die unter anderem bei Verbrennungsprozessen in der Industrie entstehen. Die Partikel sind gesundheitsschädlich. Sie können in die Bronchien, die Lunge, ins Lungengewebe sowie in den Blutkreislauf eindringen und Entzündungen sowie Asthma hervorrufen. Feinstaub gilt zudem als krebserregend. Das alles sind Gründe, aus denen Politik und Industrie gleichermaßen versuchen, die schädlichen Feinstaubemissionen zu reduzieren. Prüfgesellschaften wie zum Beispiel die Dekra kontrollieren in Industrieanlagen und Betrieben regelmäßig die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für den Feinstaubausstoß. „Die Messungen erfolgen meist jedoch auf denkbar altmodische Art und Weise: Der Abgasstrom in einem Schornstein wird 30 Minuten lang über einen Filter geführt und im Anschluss in einem Labor gewogen und ausgewertet. Es gibt noch weitere Möglichkeiten der Messung – doch keine der aktuellen Technologien kann gleichzeitig die Konzentration und die Geschwindigkeit der Partikel kontaktlos und in Echtzeit liefern“, erklärt Projektleiter Leve Freiwald. „Unsere aerosense-Radar-Technologie schafft es, eine volumetrische Messung kleinster Gasmengen, selbst durch Kunststoffrohre hindurch, zu leisten. Das ist nicht nur innovativ, sondern weltweit einzigartig.“ Die Dekra, die dem Kieler Forschungsteam ihre Anlagen in Hamburg für die Messung von Emissionen, Auswertung und Überprüfung der Daten zur Verfügung stellt, hat bereits selbst Interesse angemeldet.

Grundlagen entstanden an der Technischen Fakultät

Die Kieler Technologie setzt auf das Radarprinzip, das an der Technischen Fakultät der CAU neu gedacht wurde. Die Basis dafür schafften die Forschungsarbeiten und Dissertationen von Dr. Alexander Teplyuk und Dr. Alwin Reinhardt am Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik unter der Betreuung von Professor Reinhard Knöchel und Professor Michael Höft. Teplyuk hat 2006 die Forschungen angeschoben und erste Prototypen entwickelt, die mithilfe von hochfrequenten elektromagnetischen Wellen Menge, Größe und Geschwindigkeit von Kleinstpartikeln in Luftströmungen kontaktlos messen können.

Weil die Technologie damals noch nicht so weit war, lag das Thema einige Jahre brach. 2018 hat Reinhardt das Thema fortgeführt und einen noch genaueren Prototyp entwickelt, der die Kleinstpartikel auch in Rauch detektieren kann. Für diese Leistung wurde er mit dem ersten Preis im schleswig-holsteinischen Ideenwettbewerb 2018 für herausragende Gründungsideen mit wirtschaftlichem Potenzial ausgezeichnet.

Diese Gründungsidee hat Hochfrequenztechniker Leve Freiwald 2019 während und nach seiner Masterarbeit aufgegriffen. Er hatte erforscht, ob die Technologie auch mit der Halbleitertechnik, die unter anderem für Handys genutzt wird, funktioniert. Mit Unterstützung von Reinhardt und des Zentrums für Entrepreneurship (ZfE) der CAU hat er diese erfolgreich in ein EXIST-Forschungsprojekt umgesetzt. Als Projektleiter wird Freiwald gemeinsam mit Radaringenieur Alexander Teplyuk, Elektroingenieur Phillip Durdaut sowie Betriebswirt Robin Sielken das Vorhaben realisieren. CAU-Vizepräsidentin Professorin Karin Schwarz freut sich ganz besonders über die erfolgreiche Einwerbung der Projektmittel: „Hier wird einmal mehr deutlich, dass sich exzellente Forschungsergebnisse, entstanden aus der Zusammenarbeit verschiedener Forscher, in relevante Produktideen überführen lassen.“

Ziel: Entwicklung eines Prototyps

Insgesamt 750.000 Euro erhält das Team für Personal- und Sachmittel über das EXIST-Forschungstransfer Programm des Bundeswirtschaftsministeriums in den kommenden 18 Monaten. In der Zeit soll das aerosense-Unternehmen gegründet und der Radarsensor als Produkt für einen ersten Markt entwickelt werden. Gleichzeitig wollen die vier angehenden Gründer ihre Technologie weiter ausbauen. Ein Ziel ist, künftig nicht nur Feinstaub, sondern auch andere Partikel messen und bestimmen zu können. Zudem soll der Radarsensor künftig nicht nur als mobiles Prüfgerät eingesetzt, sondern auch dauerhaft in den Schornsteinen montiert werden können, um Emissionen im Blick zu haben.

Seit dem 1. September arbeitet das Team in den Räumen der Technischen Fakultät an diesen Zielen. Bei der Unternehmensgründung werden sie durch das Zentrum für Entrepreneurship (ZfE) an der CAU maßgeblich unterstützt. „Wir werden das Team mit unserem Wissen und unseren Ressourcen unterstützen und in den nächsten Monaten intensiv begleiten. Denn dass diese Idee Potenzial hat, zeigt nicht nur die Gewährung einer öffentlichen Förderung durch den Bund, sondern vor allem das große Interesse der Dekra als offizielle Prüfgesellschaft“, fasst Dr. Anke Rasmus, Leiterin des Zentrums für Entrepreneurship, das Vorhaben zusammen.

Auch Professor Michael Höft, Inhaber des Lehrstuhls für Hochfrequenztechnik an der Technischen Fakultät der CAU, lobt das Team: „Allen Beteiligten möchte ich meine hohe Anerkennung aussprechen, dass sie unermüdlich die Gründungsidee vorangetrieben und zum Erfolg geführt haben. Eine Kooperation und Verfolgung auch neuer Forschungsansätze wird in Zukunft das Potenzial erweitern und für weiteren Anschub sorgen.“

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