Eine Frage der Affinität
Wie man Materialien für organische Solarzellen entwirft
© MPI-P
Die meisten von uns sind mit Solarzellen aus Silizium vertraut, die vielfach auf den Dächern moderner Häuser zu finden sind. Diese Zellen bestehen aus zwei Siliziumschichten, die verschiedene Atome wie Bor oder Phosphor enthalten. Werden diese Schichten kombiniert, lenken sie die durch das absorbierte Sonnenlicht erzeugten Ladungen zu den Elektroden - dieser (Foto-)Strom kann dann zum Antrieb elektronischer Geräte verwendet werden.
Bei organischen Solarzellen ist die Situation anders: Hier werden zwei organische Materialien miteinander vermischt, anstatt sie in einer Schichtstruktur anzuordnen. Es handelt sich um Mischungen verschiedener Arten von Molekülen. Eine Molekül-Art, der Akzeptor, nimmt gerne Elektronen von der anderen Art, dem Donor, auf. Um zu quantifizieren, wie wahrscheinlich ein "Elektronentransfer" zwischen diesen Materialien stattfindet, misst man die so genannte "Elektronenaffinität" und "Ionisierungsenergie" jedes Materials. Diese Größen geben an, wie einfach es ist, einem Molekül ein Elektron hinzuzufügen oder ein Elektron zu entfernen. Neben der Bestimmung des Wirkungsgrades organischer Solarzellen steuern die Elektronenaffinität und die Ionisierungsenergie auch andere Materialeigenschaften, wie beispielsweise Farbe und Transparenz.
Durch die Paarung von Donor- und Akzeptormaterialien entsteht eine Solarzelle. In einer organischen Solarzelle übertragen Lichtteilchen ("Photonen") ihre Energie auf Elektronen. Angeregte Elektronen hinterlassen positive Ladungen, so genannte "Löcher". Diese Elektron-Loch-Paare werden dann aufgrund der Unterschiede in der Elektronenaffinität und der Ionisationsenergie der beiden Materialien an deren Grenzfläche getrennt.
Bisher gingen die Wissenschaftler davon aus, dass sowohl die Elektronenaffinität als auch die Ionisierungsenergie für die Funktionalität der Solarzelle gleich wichtig sind.
Forschende von KAUST und MPI-P haben nun entdeckt, dass bei vielen Donor-Akzeptor-Mischungen jedoch vor allem die Differenz der Ionisationsenergie zwischen den beiden Materialien die Effizienz der Solarzelle bestimmt. Die Kombination von Ergebnissen aus optischen Spektroskopie-Experimenten, die in der Gruppe von Frédéric Laquai an der KAUST durchgeführt wurden, sowie von Computersimulationen, die in der Gruppe von Denis Andrienko, MPI-P, in dem von Kurt Kremer geleiteten Arbeitskreis durchgeführt wurden, ermöglichte die Ableitung präziser Designregeln für molekulare Farbstoffe, die auf die Maximierung der Effizienz der Solarzelle abzielen.
"In Zukunft wäre es zum Beispiel denkbar, transparente Solarzellen herzustellen, die nur Licht außerhalb des für den Menschen sichtbaren Bereichs absorbieren - dann aber mit maximaler Effizienz in diesem Bereich", sagt Denis Andrienko, Mitautor der in der Zeitschrift "Nature Materials" veröffentlichten Studie. "Mit solchen Solarzellen könnten ganze Häuserfronten als aktive Fläche genutzt werden", fügt Laquai hinzu.
Die Autoren gehen davon aus, dass sie mit diesen Studien einen Wirkungsgrad der Solarzellen von 20% erreichen können, ein Ziel, das die Industrie für eine kostengünstige Anwendung der organischen Photovoltaik im Auge hat.