Die Welt gibt es nur deshalb, weil ihre atomaren Bestandteile aufgrund der quantenmechanischen Eigenschaften von Materie zusammengehalten werden. Dieser Effekt hindert beispielsweise Elektronen in einem Metall daran, sich einfach aus dem Staub zu machen. Der „Quantenkleber“ hält die Elektronen sogar dann noch im Metall fest, wenn es stark negativ aufgeladen wird. Bei klassischem Verhalten würden die Elektronen aufgrund der abstoßenden Kräfte davonfliegen. In einer neuen Arbeit wurde nun der Übergang von quantenmechanischer Anziehung zum klassischen Abstoßverhalten an einzelnen Nanoteilchen in bislang unerreichter Genauigkeit verfolgt.
Schon im Physikunterricht lernen Schülerinnen und Schüler, dass sich zwei gleichnamige Ladungen abstoßen. Gehen man auf die Nanometer-Skala und lädt ein nur wenige Atomdurchmesser großes metallisches Teilchen nach und nach mit Elektronen auf, entsteht ein immer höherer, energetischer Coulomb-Wall um das Teilchen, ähnlich einer mittelalterlichen Burgbefestigung. Wie lange können Elektronen sich in dem Teilchen festsetzen und wann schaffen sie es, den Wall zu durchdringen um den Quantenkräften zu entkommen?
Zur Untersuchung dieser Fragen wurden Metallcluster, bestehend aus einer exakt eingestellten Menge von Silberatomen, als frei fliegende Teilchen im Vakuum erzeugt und mit einer bekannten Anzahl von Elektronen aufgeladen. Mit Hilfe des Photoeffekts ist es gelungen, ausgesendete Elektronen anhand ihrer Energie zu unterscheiden, die entweder über den Coulomb-Wall gelangt oder durch ihn hindurch getunnelt sind. Indem die Photonenenergie des Lasers sukzessive erhöht wurde, konnte der Wall „erklommen“, also abgetastet werden, was sich in einer sich ändernden Elektronenemission äußerte. Dabei zeigte sich, auch unter Ausnutzung von Modellrechnungen, dass die Elektronen im Inneren als Bestandteil eines komplexen Quantensystems aufzufassen sind. Offensichtlich besteht in den Clustern eine Energiemulde, in der Elektronen gefangen werden, ähnlich wie Elektronen in Orbitalen von Atomen. Mit der Anzahl zusätzlicher Elektronen lässt sich die Barriere am Muldenrand gezielt in ihrer Höhe und Breite einstellen. Damit ist ein besonderes System gefunden, an dem sich fundamentale Fragen der Physik studieren lassen. So ist noch ungeklärt, wieviel Zeit Elektronen benötigen, um eine Energiebarriere, die in einer klassischen Welt unüberwindbar wäre, zu „durchtunneln“. Auch technologisch mag diese Frage in Zukunft wichtig werden, weil die Funktionsweise von immer stärker miniaturisierten elektrischen Schaltkreisen zunehmend von Quanteneffekten bestimmt wird.