Vielseitige Enamide mit Potenzial für die Medikamentenentwicklung
Selektive Wasserstoff-Eliminierung ermöglicht Synthese flexibler chemischer Bausteine
© Maulide Gruppe/Philipp Spieß
© Maulide Gruppe/Philipp Spieß
Amide sind allgegenwärtig, so zum Beispiel in Proteinen und in bekannten Arzneimitteln wie etwa Penicillin. "Die Modifizierung von Amiden hat für die Entwicklung neuer, bioaktiver Substanzen großes Potential. Nach etlichen Jahren ist es uns nun erstmals gelungen, Amide auf Seite des Stickstoffs zu funktionalisieren", erklärt Nuno Maulide, Vorstand des Instituts für organische Chemie. "Die Entdeckung dieser Reaktivität war hierbei ein etwas glücklicher Zufall, wie so oft in der Chemie", verrät Co-Autor Martin Berger.
Anwendung in der Synthese von Arzneimittelanaloga
"Der Trick der neu entwickelten Methode basiert hierbei auf einem geschickten Zusammenspiel einer eher ungewöhnlichen Reagenzkombination bei sehr niedrigen Temperaturen, was eine minutenschnelle Oxidation des Amids bewirkt", erläutert Philipp Spieß, Erstautor der Publikation. "Einfach gesagt wird bei diesem Prozess formal Wasserstoff, H2, abstrahiert." Diese neue Methode ermöglicht zum ersten Mal einen direkten und breit anwendbaren Zugang zu sogenannten Enamiden. Zudem sind die Reaktionsbedingungen – allen voran die tiefen Temperaturen – optimal geeignet, um komplexe Strukturen wie Natur- und Arzneistoffe zu tolerieren, wie die Autoren anhand der Transformation von Dopaminmetaboliten sowie Urikostatika- und Antidepressiva-Analogen zeigen.
"Der Unterschied auf dem Papier sieht so simpel aus, aber der Unterschied im Reagenzkolben ist gigantisch. Aus anfangs unreaktiven Amiden haben wir reaktivere und wertvollere Bausteine geschaffen. Die neu gewonnene Doppelbedingung erlaubt unzählige Modifizierungsreaktionen", erzählt Co-Autor Daniel Kaiser. Exemplarisch zeigten die Chemiker diese Variabilität der erschlossenen Enamid-Stoffklasse anhand verschiedener breitgefächerter Reaktionen, was die Erschließung komplexer Gerüststrukturen ermöglichte.
Quantenmechanische Effekte spielen eine Rolle
Um die ungewöhnliche Reaktivität bei -94 °C weiter zu erforschen, untersuchte die Forschungsgruppe die Eigenschaften der Reaktion genauer und gewann dabei erstaunliche Erkenntnisse. Quantenmechanische Effekte, so genanntes Tunneling, scheinen nach der Untersuchung isotopenmarkierter Startmaterialien eine Rolle in der Reaktion zu spielen und unterstreichen, dass es sich um einen ungewöhnlichen Prozess handelt.
Mit den so gewonnen Erkenntnissen erhofft sich die Gruppe in Zukunft weitere Möglichkeiten der Amid-Funktionalisierung erschließen zu können. "Wir sind überzeugt, dass dies erst der Anfang ist", schließt Maulide.
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