Pharma- und Chemieindustrie leidet unter zu hohen Prozesskosten
PI-Institute-Studie: Schwächen in den Geschäfts- und Fertigungsprozessen sowie in der Effizienz von Produktion und Qualitätsmanagement
Eine klare Dominanz zeigt darin der Bedarf an Lösungen, die zu nachhaltig geringeren Prozesskosten führen. Dieser Aspekt wird von nicht weniger als 74 Prozent der über 100 befragten Firmen in den Vordergrund gestellt. Eine ähnliche Dringlichkeit geben sie der Realisierung einer durchgängigen Prozessintegration. „Im Kern wird damit darauf hingewiesen, dass die Prozessorientierung in der Pharma- und Chemie-Branche noch weit von einem bedarfsgerechten Status entfernt ist“, bewertet Jeannette Ewen, Geschäftsführerin des PI-Institute, die Ergebnisse. Tatsächlich sei in der Praxis beispielsweise ein Nebeneinander von Business- und Produktionsprozessen zu beobachten. „Der Produktionsbereich ist weitgehend von den sonstigen Geschäftsabläufen abgekapselt und erweist sich als eine Art Blackbox“, problematisiert sie.
„Der Nachteil besteht nicht nur darin, dass dadurch Wertschöpfungsketten unterbrochen werden, vielmehr werden Änderungen und Verbesserungen losgelöst und unkoordiniert vom Unternehmensziel entwickelt und umgesetzt. So können weder in den Business- noch in den Produktionsprozessen die Potenziale zur Leistungsoptimierung ausreichend genutzt werden“, verweist Ewen auf vielfältige negative Konsequenzen einer unzureichenden Prozessintegration. Insofern wundert es sie nicht, dass mehr als zwei Drittel der Unternehmen effizientere Produktionsbedingungen wünschen. „Die Produktionsprozesse müssen aus ihrer Isolation herausgeführt und mit der gesamten Business-Organisation verschmolzen werden“, beschreibt sie die entscheidende Herausforderung. „Nur durchgängige Prozessstrukturen bewirken auch eine unternehmensweit durchgängige Steuerung der Wertschöpfung.“ Gleichzeitig könnten damit die Voraussetzungen für eine wirkungsvollere betriebswirtschaftliche Steuerung und eine höhere Marktflexibilität geschaffen werden, was die Firmen ebenfalls mehrheitlich auf ihrer Agenda stehen haben.
Eine ebenfalls große Relevanz hat das Qualitäts- und Compliance-Management. Es ist für Pharma- und Chemiefirmen aufgrund weitreichender gesetzlicher Regelungen deutlich anspruchsvoller als für andere Branchen. Nach dem Wunsch von 70 Prozent der Befragten sollte es durch innovative Methoden vereinfacht werden. Auch spielt hierbei für Ewen der Prozessaspekt eine maßgebliche Rolle. „Klar strukturierte Abläufe mit einem hohen Digitalisierungsgrad der begleitenden Dokumente bewirken transparentere und damit einfachere Bedingungen“, beschreibt Ewen den grundsätzlichen Nutzen.
Um diese vielfältigen in der analysierten Matrix abgebildeten IT-Anforderungen strategisch sinnvoll in Angriff zu nehmen, sollten nach Meinung von Prof. Dr. Manfred Estler, wissenschaftlicher Leiter des PI-Institute, aber keine separierten Maßnahmen initiiert werden. Vielmehr plädiert er dafür, die Planungen an einer gesamtheitlichen Idee zu orientieren, um Friktionen zu vermeiden und nicht Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. „Man kann sich nicht allen Themen gleichzeitig widmen, zumal sie meist in unterschiedlicher Verantwortung liegen. Umso wichtiger ist es aber, ein übergreifendes Selbstverständnis als Orientierungsrahmen für die unterschiedlichen Optimierungsplanungen zu entwickeln“, urteilt Prof. Estler.
Für die Pharma- und Chemie-Industrie kann eine solche Basis in dem Production Intelligence-Ansatz liegen. Er bietet nach der Untersuchung des PI-Institute einen hohen Abdeckungsgrad bei den meisten der in der Matrix ermittelten IT-Anforderungen dieser Branchen. „Zu den Kernzielen von Production Intelligence gehört die Überbrückung der bisherigen Grenzen zwischen den Produktions- und Business-Bereichen bei den Informations- und Datenprozessen“, erläutert der wissenschaftliche Leiter des PI-Institute. Neben dieser Integration steht eine durchgängige Effizienzsteuerung der Wertschöpfungsprozesse im Vordergrund. Sie beruht auf einem Regelkreis, in dem relevante Leistungswerte kontinuierlich analysiert und im Bedarfsfall automatisch Best Practices zur Optimierung initiiert werden. „Dies eröffnet dem Leistungsmanagement in wirtschaftlicher Hinsicht wie auf der Qualitätsebene ganz neue Potenziale“, skizziert Prof. Estler die Perspektiven.