Der EU Green Deal ist ein Gamechanger für die Prozessindustrie, doch nur die wenigsten Unternehmen kennen die Spielregeln

BearingPoint – Stimmungsbarometer Chemie-, Pharma-, Öl- und Gasindustrie zum EU Green Deal

06.08.2021 - Deutschland

Viele Unternehmen der Chemie-, Pharma-, Öl- und Gasindustrie sehen im Green Deal der Europäischen Union mehr Chancen als Risiken für die eigene zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. Allerdings sind nur einem Drittel der Unternehmen die genauen Ziele des Green Deals überhaupt bekannt und nicht wenige tappen hier noch im Dunkeln, wie das Stimmungsbarometer der Management- und Technologieberatung BearingPoint zeigt.

BearingPoint

Infografik „EU Green Deal:Stimmungsbarometer Chemie, Pharma-, Öl- und Gasindustrie".

Während ein Drittel der befragten Unternehmen über den Green Deal gut Bescheid weiß, sind für 48 Prozent die Inhalte nur teilweise klar. Und ganze 20 Prozent geben an, sich überhaupt nicht mit den Plänen der EU-Kommission auszukennen.

Große Mehrheit sieht im Green Deal mehr Chancen als Risiken für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit

Die Befragten, welche die Inhalte des Green Deals der EU kennen, beurteilen die Umsetzung dieser Ziele als Chance (40 Prozent) für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit, zum Beispiel durch die Definition neuer oder angepasster Geschäftsmodelle, die den Anforderungen des Green Deals entsprechen. Gleichzeitig sehen 35 Prozent sowohl eine Chance als auch ein Risiko in der Umsetzung der Ziele des Green Deals der EU. Lediglich 22 Prozent sehen darin ausschließlich ein Risiko.

Jens Raschke, globaler Leiter Chemicals, Life Sciences & Resources bei BearingPoint: „Die Unternehmen sind mit Blick auf den Green Deal der EU gut beraten, jetzt die Chancen für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit zu identifizieren, geeignete Maßnahmen zu definieren und zu realisieren sowie Risiken zu minimieren. Eine umfangreiche Beurteilung des Green Deals inklusive Szenarioanalyse liefert hierbei einen wichtigen Grundstein. Gerade hinsichtlich CO2-Neutralität bzw. -Reduzierung empfiehlt es sich, diese Aspekte möglichst frühzeitig mit in die eigene Unternehmensstrategie aufzunehmen, um nachhaltig die Ziele zur CO2-Neutralität und die damit verbundene zukünftige Wettbewerbsfähigkeit stärken zu können.“

CO2-Neutralität ist für 80 Prozent der Unternehmen wesentlicher Aspekt der Unternehmensstrategie

Für 80 Prozent ist die CO2-Neutralität ein wesentlicher Aspekt, der in der eigenen Unternehmensstrategie berücksichtigt werden sollte. Im Durchschnitt haben aber nur 38 Prozent diese bereits in ihrer derzeitigen Unternehmensstrategie fest verankert. Die restlichen 42 Prozent planen dies zukünftig zu tun, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung – entweder mit Fokus auf CO2-Neutralität oder CO2-Reduzierung.

Trotz der bisher geringen Verankerung der CO2-Neutralität in der Unternehmensstrategie geben 60 Prozent der Teilnehmer an, dass sie stark in ihren strategischen und operativen Entscheidungsprozessen hinsichtlich der Erreichung von CO2-Neutralität beeinflusst werden.

Produktion wird mit Abstand als der Bereich mit dem größtem CO2-Einsparpotential gesehen

Die Befragten bewerten die Produktion mit 54 Prozent als einen der vielversprechendsten Bereiche, um die größten Effekte zur Erreichung der CO2-Neutralität zu erzielen. Die Logistik wird mit 25 Prozent als zweitstärkster Bereich gesehen. Aber auch bei Einkauf und Beschaffung, bei Forschung und Entwicklung sowie bei der Unternehmensinfrastruktur werden Effekte erwartet, um CO2-Neutralität zu adressieren.

Aktives Managen über CO2-Zertifikate wird nur von 22 Prozent der befragten Unternehmen als geeignete Maßnahme genannt. Gerade einmal knapp die Hälfte setzt aktuell CO2-Zertifikate zur Kompensierung ihres jetzigen CO2-Haushaltes ein und über ein Drittel haben bisher gar keine CO2-Zertifikate gekauft (oder geschenkt bekommen). Laut der Umfrage sieht die große Mehrheit der befragten Unternehmen (75 Prozent) in CO2-Zertifikaten auch nur eine kurzfristige Lösung auf dem Weg zur eigenen Klimaneutralität.

Mehr als ein Drittel der Unternehmen beschäftigen sich nicht mit dem Thema CO2-Neutralität

Von den befragten Unternehmen geben 36 Prozent an, sich (noch) nicht mit dem Thema CO2-Neutralität beschäftigt zu haben oder sehen keinen relevanten Handlungsbedarf. In 28 Prozent der Unternehmen, insbesondere den Branchen Chemie und Pharma, wird das Thema bereits angegangen. Sechs Prozent finden, der zu hohe Aufwand in der Umsetzung der CO2-Neutralität rechtfertige den bisher zu erwartenden Ertrag nicht.

Große Mehrheit sieht erhöhten Investitionsbedarf in den nächsten Jahren

Über zwei Drittel der Befragten (75 Prozent) sehen einen erhöhten Investitionsbedarf in den nächsten Jahren zur Erreichung der CO2-Neutralität. Von diesen zwei Dritteln werden wiederum überwiegend (49 Prozent) Investitionsbedarfe zwischen sechs und neun Prozent des eigenen Unternehmensumsatzes gesehen. Grundsätzlich sehen größere und mittlere Unternehmen eine höhere Notwendigkeit in CO2-Neutralität zu investieren als kleinere Unternehmen. Die Mehrheit der Befragten (69 Prozent) hält eine teilweise Weitergabe der Investitionskosten zur Erreichung der CO2-Neutralität an die Kunden für möglich.

Jens Raschke: „Ein Viertel aller von uns befragten Unternehmen schätzen ihre eigene Relevanz innerhalb des CO2-Ökosystems aktuell als gering ein. Für die langfristige Sicherung der eigenen zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit sollte diese Einschätzung aber aus unserer Sicht dringend geprüft werden. Denn gerade von der Chemie-, Pharma-, Öl- und Gasindustrie erwarten Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zur Umsetzung der CO2-Neutralität tiefgreifende Veränderungen bestehender Prozesse und Geschäftsmodelle. Wir empfehlen den Unternehmen, das aktuelle Geschäftsmodell hinsichtlich der zukünftigen Anforderungen zu überprüfen, Anwendungsfälle zur nachhaltigen Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu identifizieren und geeignete Maßnahmen in den relevanten Bereichen auszuführen.

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