"Atomarer Walzer" zur Atom-Manipulation durch Modellierung entdeckt
© Toma Susi & Alexander Markevich / University of Vienna, Andrew R. Lupini
Die Konstruktion von Materialien auf atomarer Ebene ist ein ultimatives Ziel der Nanotechnologie. Bekannte Beispiele für die Manipulation von Atomen mithilfe der Rastertunnelmikroskopie reichen von der Konstruktion von Quantenkorallen bis hin zu wiederbeschreibbaren atomaren Speichern. Während etablierte Rastersonden-Techniken leistungsfähige Werkzeuge für die Manipulation von Oberflächenatomen sind, können sie das Innere des Materials nicht erreichen, da der Kontakt der Probe mit einer physischen Spitze sowie Betrieb und Lagerung bei kryogenen Temperaturen erforderlich sind.
Jüngste Fortschritte in der Rastertransmissionselektronenmikroskopie (STEM) haben das Interesse an der Verwendung eines Elektronenstrahls zur Atommanipulation geweckt. Wien hat sich zu einem der weltweit führenden Zentren dieser Forschung entwickelt. "Die einzigartige Stärke dieser Technik ist die Fähigkeit, nicht nur Oberflächenatome, sondern auch Fremdatome innerhalb dünner Volumenkristalle zu erreichen. Dies ist nicht nur eine theoretische Möglichkeit: Der erste Grundsatzbeweis der möglichen Manipulation von Wismut-Dotieratomen in Silizium wurde kürzlich von unseren US-Kolleg*innen erbracht", erklärt Toma Susi von der Universität Wien.
Die neue gemeinsame Studie beinhaltet eine systematische Modellierung der Elektronenstrahl-Manipulation von Donorelementen der Gruppe V in Silizium. Entscheidend ist, dass das Wiener Team einen neuartigen Mechanismus – als indirekter Austausch bezeichnet – aufdeckte, bei dem nicht ein, sondern zwei benachbarte Siliziumatome an einem koordinierten atomaren "Walzer" beteiligt sind. Dieser erklärt, wie Elektronenstöße diese Dotieratome innerhalb des Siliziumgitters bewegen können. "Der Mechanismus funktioniert allerdings nur bei den beiden schwereren Donorelementen Wismut und Antimon, ist aber zerstörungsfrei, da keine Atome aus dem Gitter entfernt werden müssen", ergänzt Alexander Markevich.
Weiterhin konnte das Team erstmals experimentell die Manipulation von Antimon-Fremdatomen in Silizium mittels STEM demonstrieren. Die präzise Positionierung von Dotieratomen innerhalb von Kristallgittern könnte neuartige Anwendungen in Bereichen wie Festkörpersensorik und Quantencomputern ermöglichen. Dies könnte spannende Auswirkungen haben, wie Susi abschließend feststellt: "Erst kürzlich wurden Antimon-Dotieratome in Silizium als vielversprechende Kandidaten für Festkörper-Kernspin-Qubits vorgeschlagen und unsere Arbeit könnte einen Weg für deren deterministische Herstellung eröffnen."
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