Einzelne Atome verankern

Wie lassen sich Einzelatome für die Katalyse verwenden? Forscher entwickeln eine neue Methode, um Einzelatome auf Trägermaterialien zu verankern

01.09.2021 - Österreich

Oft heißt es „never change a running system“. Dabei können neue Methoden den alten weit überlegen sein. Während chemische Reaktionen bislang vor allem mit größeren Materialmengen, bestehend aus mehreren hundert Atomen, beschleunigt werden, liefern Einzelatome einen neuen Ansatz für die Katalyse.

Technische Universität Wien

Das atomare Modell zeigt ein Indium-Einzelatom (blau), das mittels Silizium-Atom (rot) in einem Graphen Kohlenstoff-Kristallgitter (schwarz) verankert ist.

Ein internationales Forschungsteam fand nun unter Führung der TU Wien eine Möglichkeit, einzelne Atome kontrolliert und stabil auf einer Oberfläche zu verankern. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Katalyse mit Einzelatomen. Die neue Methode präsentierten die Forschenden um Bernhard C. Bayer in der Fachzeitschrift ACS Nano.

Einzelatome lösen Nanopartikel ab

Moderne Katalysatoren bestehen bereits aus Nanopartikeln und sind somit sehr klein. Betrachtete man ihre Größe jedoch auf atomarer Skala, sind sie mit mehreren hundert Atomen weit größer als Katalysatoren, die aus nur einem Einzelatom bestehen. Gelingt es, chemische Reaktionen mit weit kleineren als den bislang eingesetzten Materialmengen zu beschleunigen, eröffnet dies gänzlich neue Möglichkeiten. Denn die Katalyse mit Einzelatomen ist nicht nur nachhaltiger und energieeffizienter, sie ist auch selektiver und erzielt eine bessere Ausbeute.

Bei der neu entwickelten Methode dienen Siliziumatome als „Anker“ für metallische Einzelatome. Siliziumatome selbst kommen oft als Verunreinigung im Trägermaterial aus Kohlenstoff vor. An das Silizium werden Indiumatome gebunden, die als Katalysator fungieren können. „Die Indiumatome binden gezielt an die Silizium-Anker im Kohlenstoff-Kristallgitter“, sagt Bernhard C. Bayer vom Institut für Materialchemie an der TU Wien. „Damit verbleiben die Indium-Einzelatome stabil an ihren Plätzen und verklumpen nicht“, fährt der Leiter der Forschungsarbeiten fort. „Was die neue Technologie besonders spannend macht, ist, dass die Verankerung der Indiumatome durch die Siliziumatomen im Kohlenstoff selbstständig passiert, wenn die Reaktionsbedingungen stimmen. Dies macht den Prozess potenziell skalierbar“, ergänzt Kenan Elibol von der Universität Wien und dem Trinity College Dublin sowie Erstautor der Studie.

Das Verfahren bringt aber auch Herausforderforderungen mit sich, denen das Forschungsteam erfolgreich begegnete. Besonders das Aufbringen von Einzelatomen auf festen Trägeroberflächen gestaltet sich schwierig. Der Grund: Einzelne Atome entfernen sich schnell von ihren Plätzen und fügen sich zu größeren Partikeln zusammen. Atomar feines Indium zum Beispiel verklumpt sich normalerweise auf Kohlenstoffoberflächen schnell zu großen Nanopartikeln – die Vorteile der Einzelatom-Katalyse werden folglich aufgehoben.

Weitere Testungen folgen

Mit einem hochauflösenden Elektronenmikroskop an der Universität Wien konnte das Forschungsteam die Herstellungsmechanismen der Silizium-verankerten Indium-Einzelatome schließlich beobachten. „Wir konnten damit nachweisen, wie die Verankerung der Indiumatome davon abhängt, wie die Silizium-Anker im Kohlenstoff-Kristallgitter eingebaut sind“, sagt Toma Susi von der Universität Wien, der die Anker-Strukturen mittels modernster Computermethoden weiter entschlüsseln konnte. „Solch kontrollierte und bei Raumtemperatur stabile Verankerung von Einzelatomen auf festen Oberflächen wurde noch nicht in diesem Detail berichtet und eröffnet spannende Perspektiven für katalytische Anwendungen im Bereich Energie und Umwelt“, ergänzt Dominik Eder von der TU Wien und Experte für Katalyse.

Damit die Methode der Wiener Forschenden auch industriell eingesetzt werden kann, folgen weitere Experimente: „Die mit der neuen Methode platzierten Einzelatome sollen nun ausführlich als Katalysatoren für verschiedene chemische Reaktionen getestet werden“, so Bernhard C. Bayer.

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