Fertigstellung der bioliq-Pilotanlage am KIT

Biokraftstoff aus Stroh und anderen biogenen Reststoffen

07.05.2010 - Deutschland

Der Fertigstellung der bioliq®-Pilotanlage am Campus Nord des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) steht nichts mehr im Wege. Nach der Zusage von Fördermitteln durch Bund und Land in Höhe von 11 Millionen Euro sind nun auch die Verträge mit den Unternehmen unter Dach und Fach, die bei der Realisierung der letzten beiden Prozessschritte mit dem KIT kooperieren. In diesen beiden Stufen geht es darum, aus biogenem Synthesegas umweltfreundlichen Biokraftstoff der zweiten Generation zu erzeugen.

"Erst mit dieser letzten Bauphase können wir die durchgehende Prozesskette vom Strohballen bis zur Zapfsäule demonstrieren, was für eine ganzheitliche Prozessbewertung unbedingt erforderlich ist", sagt Nicolaus Dahmen, Projektleiter für den Bau der Anlage. Synthesekraftstoffe, auch BtL-Kraftstoffe genannt (Biomass to Liquid), lassen sich aus Stroh und anderen biogenen Reststoffen herstellen. Der Vorteil: Sie eignen sich weder als Nahrungs- oder Futtermittel, noch beanspruchen sie zusätzliche Anbauflächen.

Die ersten Prozessstufen der bioliq®-Pilotanlage am KIT-Campus Nord haben die KIT-Wissenschaftler gemeinsam mit dem Industriepartner Lurgi GmbH bereits auf den Weg gebracht.

Der erste Schritt dient zunächst der Energieverdichtung. In regional verteilten Anlagen wird trockene Biomasse, wie Stroh oder andere biogene Reststoffe durch Schnellpyrolyse in ein erdölähnliches Zwischenprodukt aus Koks und Öl umgewandelt. Dieser sogenannte bioliqSynCrude® enthält etwa 90 Prozent der in der Biomasse gespeicherten Energie - seine Energiedichte ist mehr als zehnmal so hoch ist wie die der Ausgangsstoffe. Die Pilotanlage zu diesem Prozessschritt ist bereits auf den KIT-Campus Nord errichtet und läuft derzeit im Probebetrieb. Der bioliqSynCrude® lässt sich wirtschaftlich über große Strecken transportieren und anschließend in Großanlagen, wie sie zur Kraftstofferzeugung üblich sind, weiter verarbeiten.

Dort wird die energiereiche Suspension in einem nächsten Schritt zu Synthesegas, einer chemisch reaktiven Mischung aus Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H2) umgewandelt. Hierzu dient ein Flugstromvergaser, eine Anlage, die auf dem KIT-Campus Nord derzeit im Bau ist. Der fließfähige bioliqSynCrude® wird dabei mit Sauerstoff unter Druck vermischt und reagiert bei über 1.000 Grad Celsius zu den kleinen Chemiebausteinen. Diese lassen sich in der nächsten Stufe gezielt zu maßgeschneiderten Designerkraftstoffen zusammensetzen.

Dies passiert im dritten Anlagenteil, dessen Aufbau nun gemeinsam mit zwei Industriepartnern beginnt. Dies sind die Firmen MUT Advanced Heating GmbH aus Jena für die Heißgasreinigung und die Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH, die beim Anlagenteil der Synthese kooperiert. Beide Partner werden nicht nur die Anlagenteile liefern und errichten, sondern auch gemeinsam mit dem KIT in Betrieb nehmen und weiter entwickeln. „Wir treten damit in die wichtige Phase der Umsetzung im Pilotanlagenmaßstab von 100 Liter Designerkraftstoff pro Stunde ein“, so Dr. Peter Fritz, Vizepräsident für Forschung und Innovation des KIT. „Dies ist jetzt der wesentliche Schritt für die industrielle Umsetzung nach vielen Jahren der Vorlaufforschung im Labor.“

Bei der Heißgasreinigung ist es notwendig, zunächst Störstoffe wie Partikel, Chlor- und Stickstoff-Verbindungen aus dem Synthesegas abzutrennen. Die KIT-Wissenschaftler setzen dabei eine neuartige Technik ein, bei der die Reinigung bei 500 Grad Celsius abläuft. Gegenüber konventionellen Prozessen, die Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt des Wassers erfordern, lässt sich dadurch etwa 10 Prozent der Energie einsparen.

Der weitere Weg zum Kraftstoff verläuft normalerweise über mehrere chemische Zwischenstufen. Einige davon sind in der bioliq®- Pilotanlage durch ein innovatives Verfahren zu einer einzigen Prozessstufe zusammengefasst. In Anlehnung an bekannte Prozesse der Kraftstofferzeugung aus Erdgas wird schließlich aus Dimethylether zuerst ein Otto-Kraftstoff erzeugt, der sich später gezielt weiterentwickeln lässt, beispielsweise für die Benzin-Direkteinspritzung.

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