Werden bald aus Kunststoff bestehende Müllberge kleiner?

Suche nach besonders guten Enzymen: Neues Messverfahren soll Entwicklung mehrfach recyclebaren Kunststoffs beschleunigen

21.12.2021 - Deutschland

Biologisch abbaubare Kunststoffalternativen zu PET stellen bisher ein Nischenprodukt dar und können für viele Anwendungen nur bedingt eingesetzt werden. Neben Strategien zur Plastikmüllvermeidung werden Verfahren zum Recycling immer wichtiger. Wissenschaftler der Universität Leipzig haben nun ein Messverfahren entwickelt, das die Entwicklung mehrfach recyclebaren Kunststoffs beschleunigen soll.

Colourbox

Ein Berg von Plastikmüll.

Neben dem energieintensiven chemischen Recycling hat die Wiederverwertung von Polyestern, wie PET, mit Hilfe von Enzymen in den letzten Jahren in der Forschung grosses Interesse geweckt. So wurden bereits mehrere Enzyme, sogenannte Polyester-Hydrolasen, in Bakterien und Pilzen entdeckt, die PET-Sorten gut abbauen können.

Diese Enzyme stellen einen vielversprechenden Ansatz zum umweltschonenden Recycling von PET-Verpackungsmaterialien dar. Durch die enzymatische Aufspaltung in einzelne PET-Bausteine wird im Gegensatz zu jetzigen Recycling-Verfahren der Kunststoff nicht verunreinigt, so dass das Recycling theoretisch wiederholt ohne Qualitätsverlust möglich ist. Für einen industriellen Einsatz müssen diese Enzyme jedoch noch deutlich verbessert werden. Dies ist bisher ein sehr langwieriger und manueller Prozess, bei dem die Enzyme immer wieder verändert und anschließend die neuen Eigenschaften aufwändig getestet werden müssen. So kann es Jahre dauern, bis ein Enzym die gewünschte hohe Recycling-Aktivität besitzt.

Um den Prozess der Entwicklung von neuen maßgeschneiderten Enzymen zum Abbau von Kunststoffen zu beschleunigen, haben Wissenschaftler der Universität Leipzig eine Methode entwickelt, mit der man erstmals die Arbeit der Enzyme zerstörungs- und markierungsfrei in Echtzeit verfolgen und quantifizieren kann, so Projektleiter Dr. Heinz-Georg Jahnke, Leiter der Arbeitsgruppe Molekularbiologisch-biochemische Prozesstechnik an der Universität Leipzig: „Durch den Einsatz der Impedanzspektroskopie können viele Proben gleichzeitig analysiert werden, wie wir in einem ersten Demonstrator erfolgreich zeigen konnten. Auf Basis unserer Arbeit können jetzt automatisierte Messsysteme gebaut werden, mit deren Hilfe Kunststoff-abbauende Enzyme in Hochdurchsatzanalysen schnell und praxisrelevant entwickelt werden. Wir können mit diesem Verfahren Enzyme an Kunststoff-Proben alltäglicher Quellen, wie Einwegverpackungen, testen, also unter realen Bedingungen.“ Das ist entscheidend, da sich die Proben realer Gegenstände häufig deutlich von idealisierten Laborproben hinsichtlich Ihrer Abbaubarkeit unterscheiden.

Die Wissenschaftler erhoffen sich, dass mit Hilfe dieses Verfahrens die Entwicklung mehrfach wiederverwendbarer Kunststoffe in der industriellen Wiederverwertung deutlich beschleunigt wird. Im nächsten Schritt soll die Technologie daher gemeinsam mit Industriepartnern zu einem marktfähigen Produkt entwickelt werden, das in der Forschung und bei Unternehmen zur Suche nach besonders guten Enzymen zum Abbau von Kunststoffen oder leicht zu recycelbaren neuen Kunststoffen angewendet werden kann.

Das Verfahren wurde im Rahmen des interfakultären Transfer-Zentrums für bioaktive Materie b-ACTmatter entwickelt, welches aus dem Bundesprogramm „Stärkung der Transformationsdynamik und Aufbruch in den Revieren und an den Kohlekraftwerkstandorten – STARK“ gefördert wird. Ziel des b-ACTmatter ist die Entwicklung neuer Materialien und Technologien, die zu einer innovativen, nachhaltigen und kreislauffähigen Entwicklung der Wirtschaft beitragen. „Insgesamt ist dies ein wichtiger Schritt, der die Schwelle für die Anwendung neuer Enzyme zum Abbau von Kunststoffen oder sogar Kunststoffgemischen deutlich senken kann", erklärt Prof. Dr. Frank Cichos, einer der Leiter des b-ACTmatter. „Wir wollen mit dieser Technologie aus Sachsen Beiträge zur Lösung großer Umweltprobleme und zur nachhaltigen Nutzung von Kunstoffen und einer effektiven Kreislaufwirtschaft leisten“, betont er.

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