Gefrorenes Licht in Graphen
Grundlage für extrem empfindliche Infrarot- und Terahertz-Detektoren
Darya Sokol
Die alltägliche Erfahrung lehrt uns, dass die Effizienz der Energiegewinnung durch Licht proportional zur Fläche des absorbierenden Objektes ist. Photovoltaik-Solarparks, die in vielen Wüsten zu finden sind, sind ein klares Indiz dafür. Doch kann ein Objekt Strahlung von einer Fläche absorbieren, die größer ist als es selbst? Ja, kann es! Es stellt sich heraus, dass dies möglich ist, wenn die Frequenz des Lichts mit der Bewegung der Elektronen im Absorber in Resonanz ist. In diesem Fall liegt die Fläche der Strahlungsabsorption in der Größenordnung des Quadrats der Lichtwellenlänge, obwohl der Absorber selbst extrem klein sein kann. Ein Wasserstoffatom zum Beispiel hat eine Fläche in der Größenordnung von einem Angström zum Quadrat. Wird es jedoch von einer Strahlung beleuchtet, deren Frequenz mit dem Übergang zwischen den Elektronenbahnen synchron ist, kann sich die Absorptionsfläche um einen Faktor von etwa zweihunderttausend vergrößern!
Um elektromagnetische Wellen - von Radiofrequenzen bis hin zum ultravioletten Bereich - mit möglichst geringen Verlusten zu empfangen, werden resonante Absorptionsphänomene genutzt. Zwei Klassen von Resonanzen sind für diese Anwendungen besonders vielversprechend: Die erste und grundlegendste wird Zyklotronresonanz genannt und tritt auf, wenn die Frequenz der eintreffenden elektromagnetischen Welle mit der Frequenz übereinstimmt, mit der sich das Elektron auf einer Kreisbahn in einem angelegten Magnetfeld bewegt. Die zweite Resonanz entsteht durch die synchrone Bewegung der Elektronen und des elektromagnetischen Feldes von einer Probengrenze zur anderen und wird Plasmonenresonanz genannt. Beide Resonanzen sind in verschiedenen Systemen erfolgreich experimentell untersucht worden. Der beobachtete Effekt der Absorptionsverstärkung war jedoch bei den meisten der bisher untersuchten Halbleiter vergleichsweise gering.
In der vorliegenden Arbeit wurde die Absorption elektromagnetischer Wellen unter Bedingungen untersucht, bei denen beide Resonanzen - Zyklotron- und Plasmonenresonanz - gleichzeitig auftreten. Zur Untersuchung dieses Phänomens wurde die Frequenz der elektromagnetischen Welle im Bereich von wenigen Terahertz gewählt. Für die Experimente, die am Terahertz-Zentrum der Universität Regensburg (TerZ) von Erwin Mönch unter der Leitung von Prof. Sergey D. Ganichev durchgeführt wurden, wurde Graphen, eine zweidimensionale Schicht aus Kohlenstoffatomen, ausgewählt. Eine Substanz, aus der herkömmliche Bleistiftminen bestehen. Seine hohe Reinheit ermöglicht nicht nur Plasmaschwingungen, also schnelle Oszillationen der Elektronendichte, in der Struktur, sondern bewahrt sie zusätzlich, da die Elektronen von einer Grenze der Probe zur anderen gelangen können, ohne auf Verunreinigungen zu stoßen.
Wenn man Graphen einem Magnetfeld aussetzt, schafft man die Voraussetzungen für die Zyklotronresonanz, indem man die Elektronen in Bahnen zwingt. Die Strahlung eines Terahertz-Lasers wurde verwendet, um Graphen anzuregen, was zu einem überraschenden Ergebnis führte: Während das Photosignal bei der herkömmlichen Zyklotronresonanz relativ klein war, beobachteten die Forscher bei der doppelten Frequenz eine enorme Photoantwort. Ein detaillierter Vergleich des Experiments mit der Theorie zeigte, dass das starke Photosignal auf die Wechselwirkung der doppelten Zyklotron- und Plasmonenresonanzen zu so genannten Bernstein-Moden zurückzuführen ist, also Schwingungen der Elektronendichte, die durch die Zyklotronbewegung angetrieben werden. Die eintreffende Terahertz-Strahlung wird an der Probenoberfläche ''umgeformt'' und koppelt an diese Moden. In der Nähe der Frequenz der doppelten Zyklotronresonanz werden die Plasmonenwellen stark abgebremst - ihre Geschwindigkeit sinkt fast auf Null, so dass die Elektronen in eine Art Starre fallen. Licht, das auf Graphen trifft, wird eingefangen und in eine ultralangsame Oberflächenwelle umgewandelt. Diese Wellen bleiben im Graphen "stecken" und verbleiben dort, bis sie absorbiert werden. Je mehr Licht Graphen also absorbiert, desto mehr erwärmt es sich und desto mehr ändert sich sein Widerstand, was zu einem größeren Photosignal führt. Daher ist die Änderung des Widerstands von Graphen unter Lichteinwirkung ein Maß für sein Absorptionsvermögen.
In diesem Zustand ist Graphen eine Art Superabsorber. Das heißt, es wird nicht nur Licht aus einem Bereich eingefangen, der größer ist als seine geometrische Größe, sondern auch aus einem Bereich, der größer ist als das Quadrat der Wellenlänge. Die anomal niedrige Plasmonengeschwindigkeit in Graphen schafft alle Voraussetzungen dafür.
Im Rahmen dieser Studie des Sonderforschungsbereichs 1277 erwies sich Graphen als eine sehr geeignete Plattform für die Beobachtung einer anomal starken Terahertz-Absorption. Diese Untersuchungen werfen ein neues Licht auf die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie und erweitern die Rolle elektromagnetischer Felder auf kleinsten Skalen. Die Beobachtbarkeit des Phänomens ist jedoch nicht auf Graphen allein beschränkt - viele Materialien und darauf basierende Nanostrukturen unterstützen ultralangsame Oberflächenwellen. Diese zu entdecken und zu erforschen ist ein unmittelbares Ziel des internationalen Forscherteams.