Katalysator aus heißem Wasser

Umweltfreundliche Hydrothermalsynthese einer Substanz mit sowohl organischen als auch anorganischen Eigenschaften im selben Vorgang

15.06.2022 - Deutschland

Bei der Herstellung chemischer Substanzen werden normalerweise umweltschädliche Lösungsmittel verwendet. Nachdem es der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Miriam Unterlass, Professorin für Festkörperchemie an der Universität Konstanz, gelungen ist, erstmals organische Stoffe schadstofffrei durch das Erhitzen in heißem Wasser herzustellen, kann sie nun einen weiteren Erfolg verbuchen: Es ist ihr gelungen, mittels dieser sogenannten Hydrothermalsynthese im selben Reaktionsgefäß gemeinsam organische und anorganische Stoffe zu bilden und miteinander zu verbinden. Konkret: einen anorganischen Festkörper, der organische Farbmoleküle umschließt. Das hybride Material funktioniert bei Lichteinfluss wie ein Katalysator, der als Festkörper mehrfach einsetzbar ist. Mit Licht als Energiequelle kommt als weiterer Vorteil die umweltfreundlichste Ressource überhaupt zum Einsatz.  

D. Alonso Cerrón-Infantes

Die Studie wurde aktuell vom Journal of Materials Chemistry A online veröffentlicht. In der nachfolgenden gedruckten Ausgabe des Journals (Band 24, Jahrgang 2022) wird sie die Titelseite einnehmen, was eine besondere Wertschätzung bedeutet. 

Die Hydrothermalsynthese, das Herstellen von Materialien unter Druck in heißem Wasser, ist der Natur abgeschaut. In unterirdischen Heißwasserseen beispielsweise bilden sich Bergkristalle, indem die im heißen Wasser gelösten Atome miteinander reagieren, erst Moleküle und dann Kristalle bilden. Auf dieselbe Weise lassen sich in der synthetischen Chemie anorganische, und – wie in einer Studie zum umweltfreundlichen Verfahren bei der Synthese organischer Stoffe aus dem Jahr 2021 von Miriam Unterlass nachzulesen ist – auch organische Moleküle ohne toxische Lösungsmittel herstellen.  

Umweltfreundliche Synergie beider Verfahren

Die aktuellen Ergebnisse, an denen Erstautorin Dr. Hipassia Moura, Postdoktorandin im Team von Miriam Unterlass, maßgeblichen Anteil hat, bilden eine umweltfreundliche Synergie beider Verfahren. Miriam Unterlass: „In unserer Arbeit zeigen wir, dass es möglich ist, auf diese Weise gleichzeitig anorganische und organische Stoffe zu bilden, und dass auch etwas Sinnvolles dabei herauskommt.“ 

Dass die Herstellung des Hybridmaterials völlig ohne toxische Lösungsmittel auskommt, ist umso bemerkenswerter, als die Arbeitsgruppe der Chemikerin mit Farbmolekülen arbeitet, zu deren Synthese normalerweise hochgiftige Chemikalien gebraucht werden. Der Kern der neuen Substanz, die in heißem Wasser entstanden ist, wird von Farbstoffmolekülen gebildet, die als Lösung vorliegen, während das sie umgebende Material die Eigenschaften eines Festkörpers hat. Das Resultat ist ein Festkörper, der sich in puncto optischer Eigenschaften auch wie eine Lösung verhält. 

Wiederverwendbarer Katalysator

Farbstoffe haben als Lösungen ganz spezifische Eigenschaften. Die von der Arbeitsgruppe von Miriam Unterlass verwendeten Farbmoleküle sind in der Lage, Licht zu absorbieren und damit Reaktionen zu katalysieren. Dieser Prozess ähnelt der Photosynthese bei Pflanzen, wo es ebenfalls die Farbstoffe sind, die das Licht absorbieren, mit dem die Photosynthese vollzogen wird. Die Tatsache, dass sich das Hybridmaterial nach außen wie ein Festkörper verhält, hat obendrein den großen Vorteil, dass es im Gegensatz zu einer Lösung, die nach Gebrauch entsorgt werden muss, immer wieder als Katalysator eingesetzt werden kann.   

Die Arbeitsgruppe Unterlass zielt mit der Anwendung des Katalysators konkret auf kleine organische Moleküle, die bei Medikamenten eine Rolle spielen. Grundsätzlich ist die Methode aber für jegliche chemische Reaktion und damit die Herstellung jeglicher synthetischen Produkte relevant. Und während für die Synthese des hybriden Materials noch Wasser erhitzt werden muss, ist der katalytische Effekt durch Lichtenergie völlig ohne Ressourcenverbrauch zu haben. „Licht ist die allerbeste Ressource, die wir haben. Licht kann nicht verbraucht werden“, sagt Miriam Unterlass. 

Originalveröffentlichung

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