Tobias Erb erhält mit 1 Mio. € dotierten Future Insight Prize

Preisträger vom Marburger Max-Planck-Institut forscht an Biokatalysatoren für Bindung von CO₂ und Umwandlung in neue chemische Bausteine

15.07.2022 - Deutschland

Merck hat den Gewinner des Future Insight Prize 2022 zum Thema Energie bekannt gegeben. Der mit 1 Mio. € dotierte Preis wurde im Rahmen der Wissenschaftskonferenz „Curious 2022 – Future Insight“ in Darmstadt an Prof. Tobias Erb (43), Direktor des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie in Marburg, vergeben. Seine Forschungsgruppe widmet sich im Bereich der synthetischen Biologie der Entdeckung und dem Design von Biokatalysatoren, mit denen eine effizientere Bindung des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) erreicht werden kann. Diese synthetischen, in der Natur so nicht vorkommenden Lösungen ermöglichen die Umwandlung von CO2 in wertvolle chemische Produkte, die wiederum als Ausgangsmaterial zum Beispiel für Kraftstoffe verwendet werden können.

Merck KGaA

Prof. Tobias Erb

„Wissenschaft und Technologie sind der Schlüssel, um die Gesellschaft schneller zu befähigen, die Gesundheit von uns Menschen und unserem Planeten zu verbessern. Tobias Erb hat das Design der Photosynthese so verändert, dass eine effizientere Bindung von Kohlenstoffdioxid und die direkte Umwandlung in nützliche Produkte ermöglicht wird – zum Wohle der Menschheit“, sagte Belén Garijo, Vorsitzende der Geschäftsleitung von Merck. „Er ist der perfekte Preisträger des Future Insight Prize 2022. Und wir hoffen, dass diese Auszeichnung die Kommerzialisierung und Anwendung seiner Entdeckungen weiter beschleunigen wird.“

„Mit dem Future Insight Prize würdigt Merck herausragende Wissenschaft in besonderer Weise. Die Preisträgerinnen und Preisträger stehen für innovative Forschung und erfolgreichen Transfer. Sie leisten damit wichtige Beiträge zur Lösung drängender Fragen unserer Zeit. Das Preisgeld könnte kaum besser investiert sein als in die Zukunftsforschung dieser klugen Köpfe“, äußerte sich Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung, zur diesjährigen Verleihung des Preises.

„Unser langfristiger Ansatz in der Grundlagenforschung trägt erste Früchte. Mein Forschungsteam konzentriert sich derzeit darauf, unsere Technologie in verschiedenen Settings einzusetzen, um das volle Potenzial der synthetischen CO2-Fixierung freizusetzen“, sagte Tobias Erb bei der Preisübergabe. „Unser Labor forscht an der Schnittstelle zwischen Biologie und Chemie mit besonderem Schwerpunkt auf der Entdeckung, Funktionsweise und dem Design neuartiger Kohlenstoffdioxid-umwandelnder Enzyme und deren Einsatz für die künstliche Photosynthese. Unser Ziel ist es, auf diese Weise neuartige Lösungen für eine effizientere Kohlenstoffbindung in der Biotechnologie, Landwirtschaft und synthetischen Chemie bereitzustellen“, fuhr Erb fort.

Tobias Erb hat mit seinem Projekt zur Kohlenstoffdioxidfixierung und Entwicklung neuer Lösungen bereits viele Durchbrüche erzielt. Mit seinem Team entdeckte er eine neue Klasse von CO2-bindenden Enzymen: Enoyl-CoA-Carboxylasen/Reduktasen (ECRs) sind die effizientesten Biokatalysatoren zur Umwandlung von CO2, die bisher beschrieben wurden. Seine Forschungsgruppe erbrachte außerdem den Nachweis der direkten Umwandlung von CO2 in Pentadecan, einen Hauptbestandteil von Dieselkraftstoff, sowie in ein Polyketid, das ein Vorläufer eines Antibiotikums ist. Mit ihrem sogenannten retro-synthetischen Ansatz zu Stoffwechselnetzen haben die Forschenden um Erb künstliche CO2-Fixierungswege entworfen und realisiert, die effizienter sind als die natürliche Photosynthese. Die Gruppe konzentriert sich derzeit darauf, wie diese synthetischen Stoffwechselwege in natürlichen Zellen implementiert werden können. Gleichzeitig treibt das Team aber auch den Aufbau künstlicher Systeme voran, die eine effizientere lichtbasierte Bindung von CO2 ermöglichen als die evolutionär entstandenen.

Der diesjährige Future Insight Prize steht im Kontext steigender Kohlenstoffdioxidkonzentrationen in der Atmosphäre. Atmosphärisches Kohlenstoffdioxid ist die wichtigste Kohlenstoffquelle für das Leben auf der Erde. In der vorindustriellen Ära wurde seine Konzentration unter anderem durch photosynthesefähige Organismen reguliert. Der Mensch hat mit seinen Aktivitäten zu einem Anstieg der Kohlenstoffdioxidkonzentration in der Atmosphäre beigetragen. Gegenwärtig verbleibt etwa die Hälfte des durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe freigesetzten Kohlenstoffdioxids in der Atmosphäre und wird nicht von den Pflanzen und Ozeanen absorbiert. Der Anstieg der atmosphärischen Konzentrationen von Kohlenstoffdioxid und anderen langlebigen Treibhausgasen hat deren Absorption und Emission von Infrarotstrahlung verstärkt und dadurch seit Mitte des 20. Jahrhunderts zu steigenden globalen Durchschnittstemperaturen geführt.

Die preisgekrönte Arbeit ist schematisch und grafisch hier dargestellt. Das Siegerprojekt wird von einer Jury aus mehr als 80 renommierten, teils mit einem Nobelpreis dekorierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Forschungsfelder ausgewählt. Merck lobte den Future Insight Prize erstmalig im Jahr 2018 aus, um herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu würdigen, die mit ihrer Arbeit wichtige Beiträge in Bereichen leisten, die für die Zukunft der Menschheit von entscheidender Bedeutung sind. Die erste Auszeichnung im Jahr 2019 ging an Pardis Sabeti von der Harvard University und dem Broad Institute of MIT and Harvard (Cambridge, Massachusetts, USA) sowie James Crowe vom Vanderbilt University Medical Center (Nashville, Tennessee, USA) für ihre Forschung im Bereich der Pandemieprävention. 2020 erhielt Stephan Sieber von der Technischen Universität München den begehrten Preis für seine wissenschaftliche Forschung zur Überwindung von Antibiotikaresistenzen. Die Gewinner des Jahres 2021, Ting Lu von der University of Illinois Urbana-Champaign (USA) und Stephen Techtmann von der Michigan Technological University (USA), wurden für ihre gemeinsamen Forschungsarbeiten zur Umwandlung von Kunststoffabfällen in Nahrung ausgezeichnet. Im nächsten Jahr wird der Future Insight Prize für ein Frühwarnsystem für neu auftretende Pandemien verliehen, mit dem zirkulierende Bakterien und Viren kontinuierlich überwacht werden können; Projektvorschläge können bis zum 31. Dezember 2022 hier eingereicht werden.

Im Rahmen der Wissenschaftskonferenz „Curious 2022 – Future Insight“ wurde ebenfalls der mit 30.000 € dotierte Johann Anton Merck Award verliehen. Er ging an Stephen Jackson, Professor für Biologie an der Universität Cambridge und Leiter der Cancer Research UK Laboratories am Gurdon Institute in Cambridge, Großbritannien. Jacksons Grundlagenforschung im Bereich DNA-Reparatur (DNA-Damage Response, DDR) und seine DDR-Wirkstoffziele führten basierend auf dem Prinzip der synthetischen Letalität zu einem Paradigmenwechsel in der Krebstherapie. Neben vielen anderen erfolgreichen Aktivitäten gründete Jackson auch das Unternehmen KuDOS Pharmaceuticals, das Olaparib als ersten Inhibitor der Poly-(ADP-Ribose)-Polymerase (PARP) entdeckte.

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