Wasserstoffwirtschaft: BAM entwickelt effizientere Testmethode für Werkstoffe

29.07.2022 - Deutschland

Grüner Wasserstoff soll möglichst bald als emissionsfreier Energieträger großflächig eingesetzt werden. Vorher gilt es, Werkstoffe und Komponenten z.B. für Armaturen, Dichtungen, Verteilnetze und Wasserstoff-Tankstellen sorgfältig auf ihre Eignung und Sicherheit zu überprüfen. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) entwickelt hierzu eine innovative Prüfmethodik, die den Markthochlauf von Wasserstoff deutlich beschleunigen soll.

BAM

Bei der Methode wird Wasserstoff von innen durch eine Materialprobe geleitet. Das reduziert den Sicherheitsaufwand deutlich und damit die Kosten. Florian Konert (BAM) inspiziert den Testaufbau.

Deutschland verfügt über mehr als 500.000 Kilometer an Erdgasleitungen, die Industrie und Haushalte mit Energie versorgen. Beim Übergang zu einer Wasserstoffwirtschaft kommt dieser Infrastruktur eine zentrale Rolle zu: Nach und nach soll fossiles Erdgas ganz ersetzt und bis zu 100 Prozent Wasserstoff in das vorhandene Verteilnetz eingeleitet werden, das zugleich als ein Speicher für den Energieträger dienen kann. Zusätzlich ist der Bau neuer Wasserstoff-Pipelines geplant.

Vorher gilt es, wichtige sicherheitstechnische Aspekte zu klären; z.B., ob die teils jahrzehntealten Rohrleitungen, Dichtungen und Verteilerstationen überhaupt für den Transport von reinem Wasserstoff geeignet sind.

Grundsätzlich lässt sich Wasserstoff ähnlich wie Erdgas transportieren; die Atome sind jedoch besonders klein, was ihre Aufnahme durch Metalle begünstigt. Bei Stählen etwa, wie sie in der heutigen Infrastruktur verbaut sind, kann dies zu einer Verschlechterung der Werkstoffeigenschaften führen. Unter mechanischen Spannungen, wie sie in jedem Gasnetz vorkommen, kann dies Rissbildungen begünstigen und zu gefährlichen Leckagen führen.

Um Pipelinestähle auf Degradation zu überprüfen, werden Materialproben bislang aufwendigen Tests unterzogen: In einem Autoklav werden sie Wasserstoff ausgesetzt und dabei mechanisch belastet. „Solche Laborversuche erfordern wegen der großen Menge an benötigtem Wasserstoff einen hohen Sicherheitsaufwand und sind entsprechend kostspielig. Dies behindert einen schnellen Ausbau an Prüfkapazitäten, wie sie in den kommenden Jahren benötigt werden“, erklärt Florian Konert, Wissenschaftler im Wasserstoff-Kompetenzzentrum H2Safety@BAM.

Der Ingenieur und das Team arbeiten an einer Prüftechnik, mit der sich mögliche Schädigungen in Zukunft deutlich einfacher zeigen lassen – bei geringeren Kosten. Dabei wird eine Stahlprobe von innen mit Wasserstoff befüllt und gleichzeitig einer mechanischen Zugbelastung ausgesetzt. Die Methode erfordert nur einen Bruchteil der bisherigen Menge an Wasserstoff, was den sicherheitstechnischen Aufwand deutlich verringert. „Wir sind überzeugt, mit unserem Ansatz die vorhandenen Testmöglichkeiten zu erweitern und so einen schnelleren Markthochlauf von Wasserstoff zu ermöglichen”, so Konerts Kollege Jonathan Nietzke, ebenfalls Wissenschaftler im Wasserstoff-Kompetenzzentrum der BAM.

Mit ihrer innovativen Prüftechnik wollen die beiden Forscher ein Ranking von Werkstoffen je nach ihrer Eignung für den Wasserstoffeinsatz erstellen, darunter auch von Rohrleitungswerkstoffen im Erdgasverteilnetz. Die Ergebnisse können Unternehmen, die Gasnetze betreiben oder, die Komponenten für die Wasserstoffwirtschaft herstellen, eine wichtige Grundlage für die Beurteilung von Werkstoffen liefern und so die Umrüstung vorhandener oder den Aufbau neuer Anlagen beschleunigen.

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