Terahertz-Licht aus supraleitenden Streifen

Forscher entdecken anomale Emission von Terahertz-Strahlung aus Kupferoxiden, in denen Supraleitung mit einer Ordnung der Elektronen in Streifen koexistiert

27.09.2022 - Deutschland

Warum leiten einige Materialien elektrische Ströme nur dann widerstandslos, wenn sie auf nahezu den absoluten Nullpunkt abgekühlt sind, während andere dies bei vergleichsweise hohen Temperaturen tun? Diese Schlüsselfrage beschäftigt Wissenschaftler*innen, die das Phänomen der Supraleitung erforschen, seit Jahren. Nun haben Forscher aus der Gruppe von Andrea Cavalleri am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) in Hamburg nachgewiesen, dass eine elektronische Ordnung in Form von Streifen in bestimmten Cupratverbindungen zu einer Brechung der Kristallsymmetrie des Materials führen kann, welche auch im supraleitenden Zustand bestehen bleibt. Ihre Arbeit wurde in PNAS veröffentlicht.

Jörg Harms, MPSD

Hochtemperatursupraleitende Cuprate emittieren THz-Strahlung, sobald ihre Oberfläche mit ultrakurzen optischen Impulsen beleuchtet wird. Dieser Effekt tritt nur in Verbindungen auf, in denen Supraleitung und Ladungsstreifenordnung nebeneinander bestehen.

Das Team konzentrierte sich auf eine Reihe von Cupraten und untersuchte die Koexistenz und Konkurrenz des supraleitenden Zustands mit anderen Quantenphasen. Solche Wechselwirkungen gelten als entscheidend für das Verständnis der Hochtemperatursupraleitung – ein Prozess, der bis heute eines der wichtigsten ungelösten Probleme der Physik der kondensierten Materie darstellt.

Die Forscher setzten eine Reihe von Cupratkristallen, die in den Brookhaven National Labs gezüchtet und charakterisiert wurden, ultrakurzen Laserlichtimpulsen aus. Sie beobachteten, dass diese Materialien eine bestimmte Art von Terahertzlicht (THz) auszusenden begannen – eine Technik, die als THz-Emissionsspektroskopie bekannt ist. Normalerweise treten diese Art von Emissionen nur bei dem Vorhandensein einer externen Stimulanz wie etwa der eines Magnetfelds oder eines polarisierenden Stroms auf. Das MPSD-Team untersuchte die Cuprate jedoch ohne externe Stimulanz und entdeckte bei einigen von ihnen eine „anomale“ THz-Emission. Eine Gemeinsamkeit der untersuchten Verbindungen ist dabei eine Ordnung welche als „charge-stripe order“ klassifiziert wird, bei der sich die Elektronen in Kettenmustern anordnen, anstatt sich frei zu bewegen. Diese intrinsische Ordnung scheint dabei die Kristallsymmetrie des Materials zu brechen, in der gleichen Art und Weise wie es ein Magnetfeld oder ein angelegter Strom tun würde. Überraschend dabei ist, dass diese Symmetriebrechung im supraleitenden Zustand bestehen bleibt.

„Bei Experimenten mit verschiedenen Verbindungen waren wir sehr überrascht, dass wir in einigen Supraleitern eine klare kohärente und fast einfarbige THz-Emission fanden, während sie in anderen völlig fehlte“, sagt Daniele Nicoletti, der Hauptautor der Studie. „Wir konnten die THz-Emissionscharakteristik mit ziemlicher Sicherheit mit dem Vorhandensein einer Ordnung der Ladungsträger als „charge-stripe order“ in Verbindung bringen – einer besonderen geordneten Phase, die in verschiedenen Cupratfamilien auftritt und von der man annimmt, dass sie eine Rolle bei dem der Hochtemperatursupraleitung zugrunde liegenden Mechanismus spielt. Diese Ordnung verursacht wahrscheinlich einen Symmetriebruch im Supraleiter, dessen Vorhandensein mit anderen experimentellen Techniken in der Vergangenheit nicht nachgewiesen werden konnte.“

In Zusammenarbeit mit Physikern der Harvard University, der ETH Zürich und der Theorieabteilung des MPSD hat das Team eine detaillierte Erklärung für diese Phänomenologie gefunden. Ausgehend von der Beobachtung, dass die kohärente THz-Emission sehr nahe an der „Josephson-Plasma-Frequenz“ auftritt, d.h. der Resonanz-Tunnelfrequenz von supraleitenden Elektronenpaaren durch die Kupfer-Sauerstoff-Ebenen, identifizierten die Forscher so genannte „Oberflächen-Josephson-Plasmonen“ als Quelle der Emission. Dabei handelt es sich um Analoga von Schallwellen, die an der Grenzfläche zwischen dem Supraleiter und der äußeren Umgebung entstehen. Normalerweise sind „Oberflächen-Josephson-Plasmonen“ stille Moden, d. h. sie wechselwirken nicht direkt mit Licht und können daher auch kein Licht emittieren. Die Ordnung der Elektronen in Streifen, induziert aber eine Kopplung und ermöglicht das Wechselwirken dieser Moden mit Licht, einschließlich der Emission.

Die Arbeit des Teams liefert wichtige neue Erkenntnisse über die Prozesse, die zur Hochtemperatursupraleitung führen. Sie zeigt auch, dass die kohärente anomale THz-Emission sich als sensibles Instrument eignet, um die Symmetrie von Supraleitern in Gegenwart anderer Phasen zu untersuchen. Die Forscher sind der Ansicht, dass diese Methode in Zukunft auf eine breitere Klasse von Verbindungen angewandt werden sollte, um das Verständnis der komplexen Wechselwirkungen in diesen Materialien zu vertiefen.

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