Schneller, kleiner, effizienter: Datenspeicher auf der Basis von Chiralität
Innovativer Ansatz zur Verbesserung elektronischer Geräte
© Angela Wittmann
Chiralität, auch Händigkeit genannt, bezeichnet zwei Varianten, die sich wie ein Bild und sein Spiegelbild verhalten oder wie die rechte und die linke Hand zueinander – sie können nicht zur Deckung gebracht werden. „Wir haben uns von der Natur inspirieren lassen, wo Chiralität häufig vorkommt. Sie kann hier wie ein Filter wirken und Funktionalität auf kleinstem Raum sicherstellen,“ sagt Prof. Dr. Angela Wittmann vom Institut für Physik der JGU, die Sprecherin des Forschungsprojekts mit der Bezeichnung „HYMMS – Hybrid chiral Molecule-Magnetic Systems“. Die Gruppe erhält dafür in den kommenden zwei Jahren von der Carl-Zeiss-Stiftung eine Förderung in Höhe von 750.000 Euro.
Chiralität von Spinstrukturen und Chiralität von Molekülen kombinieren
Die Beteiligten aus der Festkörperphysik, der experimentellen Atomphysik und der molekularen Chemie werden dazu chirale Spinstrukturen, die vor Kurzem erst entdeckt wurden, nutzen. Diese Skyrmionen haben einen chiralen Wirbeleffekt, weshalb die Magnetisierung relativ robust ist und nicht so schnell gelöscht werden kann. Sie sollen in dem Projekt mit der Chiralität von Molekülen gekoppelt werden. Eine solche Kopplung würde den Erwartungen zufolge ein einzigartiges, flexibles, kontrollierbares und effizientes Mittel für die Manipulation von Spinstrukturen bieten. „Mit einem chiralen Molekül könnte die Spinstruktur in einer magnetischen Dünnschicht zum Beispiel von rechts- auf linksdrehend umgeschaltet werden“, so Wittmann. Die chiralen Moleküle, die mit ihrer Helixstruktur an die DNA erinnern, wirken dann wie ein Filter: Elektronen mit einer bestimmten Ausrichtung können passieren, andere werden zurückgehalten. Wie diese Wechselwirkung genau funktioniert, soll mithilfe von hochentwickelter Sondierungstechnik untersucht werden.
„Wir halten das Projekt für bahnbrechend, weil es diese beiden unterschiedlichen Arten von Chiralität kombiniert“, teilt die Physikerin Angela Wittmann dazu weiter mit. Das Team sieht reale Chancen, dass der unkonventionelle Ansatz spintronische Bauelemente der nächsten Generation hervorbringt, die in neuartigen Speichern, Logik- und Sensorgeräten und in nicht-konventionellen Computern Verwendung finden könnten.
Das Konsortium besteht aus vier Mitgliedern der JGU und zwei Mitgliedern der Hebrew University of Jerusalem, die ihre Expertise aus den unterschiedlichen Bereichen zusammenbringen: Prof. Dr. Angela Wittmann und Prof. Dr. Mathias Kläui vom Bereich Physik der Kondensierten Materie, Prof. Dr. Dmitry Budker vom Bereich Quanten-, Atom- und Neutronenphysik und dem Helmholtz-Institut Mainz (HIM) und Prof. Dr. Eva Rentschler vom Department Chemie aufseiten der JGU sowie die Partner Prof. Dr. Yossi Paltiel und Prof. Dr. Nir Bar-Gill vom Department of Applied Physics der Hebrew University of Jerusalem.
Carl-Zeiss-Stiftung fördert innovative Projekte im neuen Programm CZS Wildcard
Die Carl-Zeiss-Stiftung hat Anfang 2022 das Programm CZS Wildcard ins Leben gerufen, um unkonventionelle, interdisziplinäre Forschung aus dem MINT-Bereich zu fördern. Die Gruppen müssen aus mindestens drei Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftlern bestehen. Mit dem Programm sollen Forschungsideen in einem sehr frühen Entwicklungsstadium gefördert werden. Besonders bewertet werden Originalität, Unkonventionalität und Potenzial der Anträge. Die ersten fünf Teams starten Anfang 2023 ihre Arbeit.
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