Smarte Geschenke packen sich bald selbst aus
Zellulose-basierte Aktuatoren können programmiert werden und reparieren sich selbst
Unsplash
DESY, Qing Chen
In der Natur haben sich faszinierende Funktionen und Mechanismen über Jahrmillionen der Evolution durchgesetzt. In der Bionikforschung versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der Natur diese effizienten Methoden abzugucken und nachzubauen. Beispielsweise in Sensoren oder bionischen Aktuatoren, aktiven Elementen, die – mit einem Signal angesteuert – etwas schalten oder bewegen können. Moderne Aktuatoren sollten dabei programmierbar stimulierbar und sehr robust sein und mit einer Vielzahl von Arbeitsbedingungen zurechtkommen.
Das Forschungsteam mit Mitgliedern der Königlich-Technischen Hochschule Stockholm (KTH), von DESY und dem Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung hat jetzt in Anlehnung an biologisches Gewebe einen dünnen Film aus Zellulose-Nanofasern mit zwei Arten von Polymeren hergestellt. Dafür mischten sie Polyvinylalkohol (PVA) und Polystyrolsulfonat (PSS) mit den Zellulose-Fibrillen und schütteten die Lösung auf eine Glasplatte. Bei der Austrocknung entstand ein kreisrunder Film, in dem sich ein enges Netzwerk aus chemischen und physikalischen Bindungen bildeten. „Gerade das Polystyrolsulfonat sorgt dabei für eine extreme Dehnbarkeit und Zähigkeit des Films“, sagt DESY-Wissenschaftlerin Qing Chen, Erstautorin der Studie. „Dieser Bestandteil der Lösung kann durch die Beimischung von Lebensmittelfarben erweitert werden und den Film dadurch bunt und divers machen.“
Aus diesem Film lassen sich bis zu mehrere Zentimeter große Stücke herausschneiden, die bei sich durch den Einfluss von Feuchtigkeit verbiegen. „Im Prinzip können wir daraus ein aktives Geschenkpapier machen“, sagt Stephan Roth (DESY und KTH), Leiter der PETRA III-Strahlführung P03 und Co-Autor der Studie, „wenn man etwas Feuchtigkeit draufsprüht, packt es sich selbst aus.“
Doch Geschenkpapier oder sich bei Regen aufrollende Sonnenmarkisen sind das eine; der neuartige Cellulose-Polymer-Film hat deutlich größeres Potenzial, beispielsweise als Feuchtigkeitssensor oder -schalter. In gewisser Weise sind die Filme programmierbar: Biegerichtung, Biegegeschwindigkeit und Krümmung der Folien können durch Beeinflussung der Geometrie der Proben vor dem Schneiden angepasst werden.
An der Nanofokus-Messstation an der PETRA-Strahlführung P03 erlangten die Forschenden insbesondere Erkenntnisse über die Reißfestigkeit und die Selbstreparatur des Materials. Die Zugdehnungsexperimente selbst wurden an der KTH in Schweden durchgeführt. Wenn die Filme über eine Streckgrenze hinaus gedehnt wurden, blieb die Verformung in den Proben erhalten und wurde mit Ultrakleinwinkel-Streuungsexperimenten mit Röntgenlicht an P03 untersucht. Die Experimente zur Selbstreparatur des Materials wurden an derselben Messstation mit Hilfe einer Probenkammer durchgeführt, in der man die Luftfeuchtigkeit einstellen kann. Wurde die Umgebung der beschädigten Proben gesättigt, konnten die Forschenden beobachten, wie sich im Material wieder chemische Bindungen ausbildeten und so die beschädigte Fläche der Proben verringerten. „Die Mechanismen der Selbstreparatur machen dieses Material wirklich einzigartig“, betont Chen.
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