Würfel stechen Kugeln als Katalysatorpartikel aus

Form von Nanopartikeln entscheidet maßgeblich über ihre Effizienz als Katalysatoren für die Herstellung von grünem Wasserstoff

12.01.2023 - Deutschland

Bisher war es mit Nanopartikeln als Katalysatoren für grünen Wasserstoff wie mit Ruderern in einem Achter: Man konnte nur die durchschnittliche Leistung messen, nicht aber herausfinden, wer der Beste ist. Eine neue Methode, die die Gruppe um Prof. Dr. Kristina Tschulik, Leiterin des Lehrstuhls für Elektrochemie und nanoskalige Materialien an der Ruhr-Universität Bochum, entwickelt hat, ändert das. Sie konnte in Kooperation mit Forscherinnen der Universität Duisburg-Essen belegen, dass würfelförmige Nanopartikel effizienter funktionieren als kugelförmige. Das ebnet den Weg zum gezielten Design günstiger und effizienter Katalysatoren für grünen Wasserstoff. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift Advanced Functional Materials vom 3. Januar 2023.

© RUB, Marquard

Kristina Tschulik (links) und Hatem Amin befassen sich mit der Untersuchung von Nanopartikel als Katalysatoren für grünen Wasserstoff.

Elektrolyse konkurrenzfähig machen

Die Welt muss den CO2-Ausstoß senken, um dem Klimawandel zu begegnen. Dazu soll der heute häufig genutzte sogenannte graue Wasserstoff, der aus Erdöl und Erdgas gewonnen wird, durch grünen Wasserstoff ersetzt werden, der aus erneuerbaren Quellen stammt. Grüner Wasserstoff kann durch Elektrolyse gewonnen werden, wobei Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Allerdings müssen noch einige Herausforderungen gemeistert werden, um die Elektrolyse konkurrenzfähig zu machen. Aktuell ist die Effizienz des Wasserspaltungsprozesses begrenzt, und es fehlen leistungsfähige, langlebige und kostengünstige Katalysatoren dafür. „Die derzeit aktivsten Elektrokatalysatoren basieren auf den seltenen und teuren Edelmetallen Iridium, Ruthenium oder Platin“, so Kristina Tschulik. „In der Wissenschaft haben wir daher die Aufgabe, neue hochaktive, edelmetallfreie Elektrokatalysatoren zu entwickeln.“

Ihre Gruppe untersucht Katalysatoren in Form von unedlen Metalloxid-Nanopartikeln – eine Million Mal kleiner als ein menschliches Haar. Industriell hergestellt variieren sie in Form, Größe und chemischer Zusammensetzung. „In Messungen werden sogenannte Katalysatortinten untersucht, in denen Milliarden von Partikeln mit Bindern und Additiven vermischt sind“, erklärt Kristina Tschulik. So kann man nur eine durchschnittliche Leistung messen, nicht aber die Aktivität einzelner Partikel – und auf die kommt es an. „Wenn man wüsste, welche Partikelform beziehungsweise Kristallfacette – das sind die Flächen, die nach außen zeigen – besonders aktiv ist, könnte man gezielt Partikel mit genau dieser Form herstellen“, sagt Dr. Hatem Amin, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der analytischen Chemie an der Ruhr-Universität Bochum.

Sieger des Rennens unter den Nanopartikeln

Die Arbeitsgruppe hat eine Methode entwickelt, mit der einzelne Partikel direkt in Lösung analysiert werden können. Dadurch kann man die Aktivität von verschiedenen Nanomaterialien miteinander vergleichen und somit den Einfluss von Partikeleigenschaften wie deren Form und Zusammensetzung auf die Wasserspaltung aufklären. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kobaltoxid-Partikel in Form einzelner Würfel aktiver sind als Kugeln, die stets mehrere Facetten aufweisen.

Theorie bestätigt das Experiment

Diese experimentelle Erkenntnis der Bochumer Gruppe konnte im Rahmen des Sonderforschungbereichs/Transregios 247 von den Kooperationspartnern um Prof. Dr. Rossitza Pentcheva von der Universität Duisburg-Essen bestätigt werden. Deren theoretische Untersuchungen weisen auf den Wechsel der aktiven Katalysatorbereiche hin: von Kobaltatomen, die oktaedrisch von Sauerstoffatomen umgeben sind, hin zu tetraedrisch umgebenen Kobaltatomen. „Die Erkenntnisse über die Beziehung zwischen Partikelform und Aktivität legen die Basis für das wissensbasierte Design geeigneter Katalysatormaterialien und damit für die Transformation unserer fossilen Energie- und Chemieindustrie hin zu einer Kreislaufwirtschaft auf Basis erneuerbarer Energieträger und hochaktiver, langlebiger Katalysatoren“, so Kristina Tschulik.

Originalveröffentlichung

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