Geringste Schadstoffspuren zuverlässig und schnell nachweisen
Materialforschende entwickeln wiederverwendbares Nanomaterial für ultrasensitive Analysen - Ausgründung geplant
Cenk Aktas / Josiah Shondo
Substrat spielt entscheidende Rolle
Die Raman-Spektroskopie – benannt nach dem indischen Physiker und Nobelpreisträger Chandrasekhara Venkata Raman – ist eine Methode, um die chemische Zusammensetzung von Materialien zu bestimmen und so auch schädliche Stoffe nachzuweisen. Hierzu wird eine Stoffprobe mit einem Laser bestrahlt. Anhand des zurückgeworfenen sogenannten Raman-Signals lassen sich Rückschlüsse auf die Eigenschaften des Materials ziehen. „Eine entscheidende Rolle spielt hierbei das Substrat, die Unterlage, auf der die zu analysierende Stoffprobe liegt. Denn es kommt zu Wechselwirkungen mit dem Laserlicht, die das Raman-Signal beeinflussen“, erklärt Josiah Ngenev Shondo, Doktorand am Lehrstuhl für Materialverbunde.
Forschenden des Lehrstuhls ist es jetzt gelungen, aus verschiedenen Materialien ein Substrat herzustellen, mit dem das Raman-Signal um das 50-Fache verstärkt wird im Vergleich zu klassischen SERS-Methoden. „Das ist mehr als jemals zuvor für diese Methode berichtet wurde“, sagt Prof. Oral Cenk Aktas. Damit erhöht sich die Empfindlichkeit der Methode und ihre räumliche und zeitliche Auflösung. So lassen sich in kurzer Zeit auch sehr geringe Stoffmengen analysieren. Nach der Analyse zersetzten die Forschenden die Stoffprobe mit UV-Licht. „Das relativ teure Substrat wird so gereinigt und kann zum ersten Mal mehrmals verwendet werden – in unseren Test bis zu zwanzig Mal“, so Aktas weiter.
Material kombiniert herausragende Eigenschaften
Der Grund für die besonderen Eigenschaften des Substrats liegt in seinem Aufbau. „Hier kommen verschiedene Materialien mit herausragenden Eigenschaften zusammen“, sagt Dr. Salih Veziroglu, der im Rahmen einer Förderung des CAU-Forschungsschwerpunkt KiNSIS (Kiel Nano, Surface and Interface Science) zu den Substratmaterialien forscht. „Es besteht zum Beispiel aus einer extrem aktiven photokatalytischen Titandioxidschicht und aus besonderen plasmonischen Nanostrukturen.“ Auf der Oberfläche des Substrats kombinierten die Forschenden vier verschiedene Nanostrukturen, darunter Gold- und Silberpartikel, zwischen denen es zu Licht-Materie-Wechselwirkungen kommt – sogenannte plasmonische Effekte.
Mit ihrem Substrat hat das Team der CAU einen Beitrag geliefert zu einem neuen Ansatz der Raman-Spektroskopie, der kürzlich vorgestellten PIERS-Methode (Photo Induced Enhanced Raman Spectroscopy). Durch die Kombination von plasmonischen und photokatalytischen Effekten wird hier das Raman-Signal und damit die Auflösung der Methode deutlich verbessert.
Ergänzung um KI-Methoden und Ausgründung geplant
„Dieses Substrat ist das Ergebnis langjähriger Forschung und verschiedener Expertisen an unserem Lehrstuhl. Jetzt wollen wir unsere Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Anwendung bringen“, sagt Leiter Prof. Franz Faupel. Das Substrat lässt sich in andere Raman-Spektroskopiemethoden integrieren und macht so verschiedene Einsatzmöglichkeiten denkbar. Um es zur Marktreife zu bringen, sind die Forschenden jetzt auf der Suche nach anderen Forschungsgruppen und Unternehmen der Labor- und Analysetechnik. Außerdem planen sie, ihren Ansatz um Methoden der Künstlichen Intelligenz zu ergänzen, um eine umfassende Datengrundlage für die Materialanalyse schaffen. So sollen sich auch einzelne Moleküle noch schneller und präziser bestimmen lassen.
Eine Idee für eine konkrete Anwendung hat Doktorand Shondo bereits in seiner Promotion erforscht, die kurz vor dem Abschluss steht. 2018 kam der Materialwissenschaftler mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) an die CAU nach Kiel, um etwas gegen die Umweltverschmutzung in seinem Heimatland Nigeria zu tun. Die Förderung der großen Ölvorkommen des Landes verunreinigt Böden, Flüsse und sogar das Trinkwasser. Mit dem neuen Substrat, das er und die Kollegen in Kiel entwickelt haben, sieht er auch Potential, um tragbare Raman-Spektroskopie-Geräte in Nigeria einzusetzen: „Da sich damit bereits geringe Mengen an Öl nachweisen und sogar entfernen lassen, könnte diese Methode bereits frühzeitig zum Einsatz kommen und schlimmere Umweltschäden verhindern.“
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