Chemiker entwickeln Methode, um gefährliche Substanzen nachhaltig aus dem Wasser zu entfernen

Neuer Fortschritt im Kampf gegen PFAS

27.06.2023 - Deutschland
Markus Gallei

Grafische Darstellung eines metallhaltigen Polymers mit Ferrocen-Einheiten, welches zur reversiblen Aufnahme perfluorierter Verbindungen verwendet wird.

PFAS – Per- und polyfluorierte Chemikalien – sind wahre Alleskönner. Die fett-, wasser- und schmutzabweisenden Chemikalien kommen in tausenden Varianten vor, zum Beispiel in Kochgeschirr, in Funktionskleidung, in Kosmetika und als Feuerlöschmittel. Leider sind sie auch ein massives Problem für die Umwelt. Denn sie können nicht auf natürlichem Weg abgebaut werden. Polymerchemiker aus dem Saarland und den USA haben nun eine Methode gefunden, wie man PFAS nachhaltig aus dem Wasser entfernen kann. Ihre Methode haben sie im Fachjournal ACS Applied Materials & Interfaces veröffentlicht.

PFAS sind unglaublich vielfältige Stoffe. Die fluorhaltigen organischen Moleküle sorgen unter anderem dafür, dass Regen von Outdoor-Jacken abperlt, sie stecken in Pappschachteln, in denen Essen verpackt wird, oder sie sind Bestandteil von Löschmitteln und Feuerschutzkleidung. In den 1940er Jahren erstmals eingesetzt, traten die Alleskönner ihren Siegeszug an und durchdringen inzwischen unser gesamtes Leben.

Das ist praktisch. Und belastend für die Natur und den Menschen. Denn die fluorierten Chemikalien sind in der Natur nicht abbaubar. Nachgewiesen sind sie inzwischen überall auf der gesamten Erde – im Wasser, im Boden, in der Luft, in Pflanzen, Tieren und, am Ende der Nahrungskette, im Menschen. Wie schädlich sie sind, ist bisher noch nicht genau klar. Erste Studien in Tierversuchen zeigen aber eine Fortpflanzungsgefährdung. Fest steht jedoch, dass diese Verbindungen in der Natur und in Organismen nichts zu suchen haben, so dass es sinnvoll ist, ihre Dosis möglichst gering zu halten.

Aber los wird man die organischen Moleküle nur mit großem Aufwand, der darüber hinaus die Umwelt und das Klima belastet. Weiterhin muss man diese cleveren Moleküle erst einmal nachweisen. Schon sehr geringe Konzentrationen können in Anwendungen (z.B. als Beschichtung) eine sehr große Wirkung haben. Aus dem Wasser beispielsweise kann man PFAS bisher nur mit speziellen Membranen oder mit der deutlich günstigeren Aktivkohle effektiv herausfiltern. Diese muss man dann allerdings verbrennen oder relativ harschen Bedingungen aussetzen, um die Stoffe endgültig zu vernichten, da man die PFAS nicht mehr aus den Filtern herauslösen kann.

Bis jetzt. Denn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Markus Gallei, Professor für Polymerchemie an der Universität des Saarlandes, und Xiao Su aus Illinois sowie ihren Doktoranden Frank Hartmann (Uni Saar) und Paola Baldaguez (Illinois) haben eine Methode gefunden, wie man PFAS aus dem Wasser entfernen kann und sie im Anschluss gleich wieder freisetzen kann. So können die fluorierten Substanzen nicht nur gesammelt, sondern auch gezielt untersucht und vernichtet werden, und zwar, ohne gleich den Filter verbrennen zu müssen.

Das Geheimnis dahinter ist eine elektrochemische Methode, in der eine bestimmte Gruppe metallhaltiger Polymere, so genannte Metallocene, die Hauptrolle spielen. Die älteste dieser Verbindungen, Ferrocen auf Eisenbasis, wurde 1951 entdeckt, im Anschluss folgten viele weitere Varianten. Frank Hartmann, Markus Gallei und ihr internationales Team haben nun herausfinden können, dass Elektroden aus Ferrocen und – noch viel effektiver – aus einem Cobaltocen, das Frank Hartmann hergestellt hat, die PFAS-Moleküle selbst in winzigsten Mengen aus dem Wasser herausfiltern können.

Der Clou dabei ist jedoch ein anderer: Wenn man Ferro- oder Cobaltocen „schaltet“, also eine elektrische Spannung anlegt, geben sie die PFAS-Moleküle wieder effizient ab. „Und das kann Cobalt deutlich besser als Eisen“, konnte Frank Hartmann beobachten. „Das bedeutet nichts anderes, als dass wir eine Methode gefunden haben, wie man PFAS zum einen aus dem Wasser entfernen kann und darüber hinaus, wie man sie wieder freisetzen kann, so dass man die Elektrode vielfach nutzen kann. Anders als den Aktivkohlefilter, den ich vernichten muss, nachdem die PFAS-Moleküle in ihm hängengeblieben sind, kann ich die Metallocene tausendmal schalten, wenn ich will“, fasst Markus Gallei die Bedeutung der Forschungsarbeit zusammen.

Frank Hartmann, Markus Gallei und ihre Kolleginnen und Kollegen der University of Illinois in den USA könnten damit die Grundlage für weitere Entwicklungen in größerem Maßstab gelegt haben, um die unerwünschten Chemikalien effizient aus dem Wasser der Flüsse und Ozeane herausfiltern zu können.

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