Aus Singles werden Paare: Neue Erkenntnisse über die Lichtstreuung von Atomen

Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin, Partner des DAALI-Projekts, haben einen überraschenden Effekt im Fluoreszenzlicht eines einzelnen Atoms nachgewiesen

01.11.2023

Forscher um Jürgen Volz und Arno Rauschenbeutel vom Institut für Physik der Humboldt-Universität zu Berlin, Partner im DAALI-Projekt, haben neue Erkenntnisse über die Streuung von Licht an einem fluoreszierenden Atom gewonnen, die auch für die Quantenkommunikation nützlich sein könnten. Ihre Ergebnisse hat das Forscherteam jetzt in der Fachzeitschrift Nature Photonics veröffentlicht.

Department of Physics, Humboldt-Universität zu Berlin

Ein einzelnes Atom wird durch Laserlicht angeregt und strahlt ein Photon nach dem anderen ab. Ein optisches Filter entfernt bestimmte Farbkomponenten aus diesem Strom von Einzelphotonen. Dadurch werden die verbleibenden Photonen zu Paaren, die den Filter gleichzeitig verlassen. (Bild: Institut für Physik, Humboldt-Universität zu Berlin).

Im Jahr 1900 formulierte Max Planck die Hypothese, dass Licht nicht beliebige Energiemengen mit Materie, wie z. B. einem Atom, austauschen kann, sondern nur bestimmte diskrete "Energiepakete", sogenannte Quanten. Fünf Jahre später schlug Albert Einstein dann vor, dass diese Quanten keine bloße Rechengröße sind, sondern dass das Licht selbst aus Quanten besteht, die wir heute Photonen nennen. Tatsächlich gibt es heute Photodioden, die empfindlich genug sind, um ein einzelnes Photon zu registrieren. Bei kontinuierlicher Beleuchtung erzeugen sie kein gleichmäßiges elektrisches Signal, sondern eine Reihe kurzer Stromimpulse. Jeder Stromimpuls zeigt dann den Nachweis eines einzelnen Photons an.

Unter der Lupe: Streuung von Laserlicht

Trifft das Licht eines einzelnen Atoms, das durch einen Laserstrahl zum Fluoreszieren angeregt wird, auf eine solche hochempfindliche Photodiode, werden niemals zwei Photonen gleichzeitig erfasst. In dieser Hinsicht unterscheidet sich das Fluoreszenzlicht eines einzelnen Atoms von dem Laserlicht, mit dem es angeregt wird, da Photonen im Laserlicht tatsächlich gleichzeitig auftreten. Wenn jedoch zwei Laserphotonen gleichzeitig auf ein einzelnes Atom treffen, absorbiert das Atom nur ein Photon und lässt das zweite passieren. Anschließend strahlt das Atom das absorbierte Laserphoton in eine zufällige Richtung ab, und erst dann ist es bereit, ein weiteres Laserphoton zu absorbieren.

Mit anderen Worten: Ein einzelnes Atom kann immer nur ein Photon streuen, und die Photonen im Fluoreszenzlicht eines einzelnen Atoms treffen auf den Detektor wie aufgereiht wie Perlen auf einer Schnur. Diese Eigenschaft wird im Rahmen des DAALI-Projekts und anderer Forschungen zu Quantentechnologien ausgenutzt. In der Quantenkommunikation werden beispielsweise einzelne Photonen, die von natürlichen oder künstlichen Atomen ausgesendet werden, für eine abhörsichere Kommunikation genutzt.

Durch den Filter: Aus Einzelphotonen werden Paare

Das Forscherteam der Humboldt-Universität konnte nun aber einen sehr überraschenden Effekt mit dem Fluoreszenzlicht eines einzelnen Atoms nachweisen. Als die Forscher mit Hilfe eines Filters eine bestimmte Farbkomponente aus dem Licht entfernten, verwandelte sich der einzelne Photonenstrom in Paare von Photonen, die gleichzeitig nachgewiesen werden konnten.

Entfernt man also die richtigen Photonen aus einem Strom von Einzelphotonen, so erscheinen die verbleibenden Photonen plötzlich als Paare. Dieser Effekt lässt sich nicht mit der Wahrnehmung unserer Alltagswelt vereinbaren; wenn man alle grünen Autos von einer Straße verbannt, fahren die verbleibenden nicht plötzlich paarweise nebeneinander. Auch die frühere Gewissheit, dass ein einzelnes Atom immer nur ein Photon streuen kann, scheint widerlegt zu sein: Durch den richtigen Farbfilter betrachtet, ist das Atom sehr wohl in der Lage, zwei Photonen gleichzeitig zu streuen. Dieser Effekt wurde vor etwa 40 Jahren von Jean Dalibard und Serge Reynaud an der ENS Paris in ihrer theoretischen Arbeit über die Streuung von Licht an Atomen vorausgesagt. Er wurde jedoch erst jetzt von dem Team um die Quantenphysiker Jürgen Volz und Arno Rauschenbeutel experimentell nachgewiesen.

"Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie sehr uns unsere Intuition im Stich lässt, wenn wir versuchen, uns ein Bild davon zu machen, wie Vorgänge auf mikroskopischer Ebene ablaufen", sagt Jürgen Volz. "Das ist aber viel mehr als nur eine Kuriosität", ergänzt Arno Rauschenbeutel. "Die erzeugten Photonenpaare sind nämlich quantenmechanisch verschränkt. Es gibt also die spukhafte Fernwirkung zwischen den beiden Photonen, an die Einstein nicht glauben wollte und dank derer man zum Beispiel Quantenzustände teleportieren kann." "Dass sich ein einzelnes Atom ideal als Quelle für solche verschränkten Photonenpaare eignet", sind sich Volz und Rauschenbeutel einig, "hätte bis vor kurzem kaum jemand geglaubt."

Tatsächlich lassen sich mit dem nachgewiesenen Effekt Quellen für verschränkte Photonenpaare realisieren, die in ihrer Helligkeit das theoretisch mögliche Maximum erreichen und damit die bisherigen Quellen übertreffen. Außerdem passen die Photonenpaare von Natur aus zu den Atomen, von denen sie ausgesandt wurden. Dies ermöglicht es, die Photonen direkt mit Quantenrepeatern oder Quantengattern zu verbinden, die dieselben Atome verwenden und für die Quantenkommunikation über große Entfernungen erforderlich sind.

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Originalveröffentlichung

Luke Masters, Xin-Xin Hu, Martin Cordier, Gabriele Maron, Lucas Pache, Arno Rauschenbeutel, Max Schemmer, Jürgen Volz; "On the simultaneous scattering of two photons by a single two-level atom"; Nature Photonics (2023)

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