Ein zweites Leben für Batterien

13 Indikatoren charakterisieren den Alterungsprozess

09.05.2024
Lunghammer - TU Graz

Jörg Moser (links) und Christian Ellersdorfer vom Institut für Fahrzeugsicherheit der TU Graz.

Ausrangierte Lithium-Ionen-Zellen aus Elektroautos könnten als stationäre Stromspeicher weiterverwendet werden. Forschende der TU Graz haben erste Indikatoren für deren verlässliche Zustandsbewertung ermittelt.

Im Jahr 2030 werden weltweit etwa 1,2 Millionen Batterien elektrisch angetriebener Autos, Busse und Baumaschinen ausgemustert, weil sie das Ende ihrer geplanten Lebensdauer erreichen, ihre Gewährleistung abläuft oder weil die Fahrzeuge verschrottet werden. Schon 2040 sollen rund 14 Millionen ausgediente Batterien anfallen. Das Recycling der Materialien ist zwar sinnvoll, aber auch teuer und technisch anspruchsvoll. Daher wäre eine Weiterverwendung der Batterien, etwa als stationärer Stromspeicher, besser und nachhaltiger. Dafür ist eine fundierte Bewertung der verbleibenden Leitungsfähigkeit und der Sicherheit nötig. An der TU Graz haben Forschende des Instituts für Fahrzeugsicherheit nun erste Parameter ermittelt, anhand derer sich der Zustand ausrangierter Batterien zuverlässig bewerten lässt.

13 Indikatoren charakterisieren den Alterungsprozess

Bislang dienen die verringerte Ladekapazität und die Zunahme des Innenwiderstands als Hinweis auf den Zustand einer gebrauchten Batterie. Für eine Entscheidung über eine mögliche Second-Life-Verwendung ist das aber nicht ausreichend. Daher haben die Forschenden Lithium-Ionen-Zellen, die in Fahrzeugen unter realen Bedingungen im Einsatz waren, und baugleiche, neuwertige Exemplare im Labor genau untersucht: Während reproduzierbarer Lade- und Entladezyklen haben sie 31 verschiedene Messwerte erhoben und anschließend überprüft, wie gut diese den Alterungszustand der Batterien repräsentieren. 13 dieser Indikatoren stellten sich als aussagekräftig heraus – dazu gehören beispielsweise die Lade- und Entlade-Kapazität, die Temperaturdifferenz der Pole während des Ladevorgangs oder das Relaxationsverhalten der Batteriezelle nach dem Ladevorgang.

„Anhand dieser Indikatoren können wir auf den Stand der Alterung von Lithium-Ionen-Batterien schließen und erste Rückschlüsse auf unterschiedliche Nutzungsprofile ziehen, ohne dabei auf datenschutzkritische Informationen zur Nutzungshistorie der Akkus angewiesen zu sein“, sagt Jörg Moser, Leiter des Battery Safety Center Graz vom Institut für Fahrzeugsicherheit der TU Graz. „Auf dieser Basis können wir entscheiden, ob eine Batterie prinzipiell für eine Weiterverwendung in einem bestimmten Einsatzbereich in Frage kommt.“

Sicherheitsbewertung als nächster Schritt

Für eine risikoarme Weiterverwendung fehlt allerdings noch die Bewertung des Sicherheitszustands der Batterien. Im Laufe ihres ersten Lebens kommt es zu chemischen Veränderungen der Materialien, was sich auf deren sichere Verwendung auswirken kann. „Es ist entscheidend, Batteriezellen und die darin ablaufenden Prozesse, Reaktionen und Veränderungen im Detail zu verstehen, um sie hinsichtlich ihres Sicherheitsverhaltens qualifizieren zu können“, sagt Christian Ellersdorfer. Er leitet am Institut für Fahrzeugsicherheit das COMET-Projekt SafeLIB, in dem ein Konsortium aus Forschungseinrichtungen sowie Automobil- und Technologieunternehmen an der sicherheitsrelevanten Bewertung neuer und gebrauchter Lithium-Ionen-Batterien arbeitet. Mit ersten Ergebnissen ist bis Ende des Jahres zu rechnen.

Bis gebrauchte Batterien auf breiter Basis in nachfolgenden Anwendungen zum Einsatz kommen und so die Elektromobilität über den gesamten Lebenszyklus betrachtet noch nachhaltiger wird, dürften noch einige Jahre vergehen. Denn auch neue Speichermaterialien, die Sicherheit unterschiedlicher Batterietechnologien, die Wirtschaftlichkeit von Second-Life-Anwendungen und juristische Fragen zu Datenschutz, Gewährleistung oder Haftung müssen in Betracht gezogen werden. „Daraus ergibt sich ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das wir an der TU Graz gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern in weiterführenden Forschungsprojekten bearbeiten wollen“, sagt Christian Ellersdorfer.

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