Chemiebranche meistert Kostendruck: Talsohle bei Umsatzentwicklung durchschritten
Positiver Blick auf 2025
„Im Vergleich zum vergangenen Jahr versprechen sich die Unternehmen wieder mehr Wachstum in ihrem Produktportfolio, getrieben durch sich erholende Preise und Volumen, also höheren Absatz. Auch M&A-Aktivitäten sind wieder zurück auf der Topmanagement-Agenda“, so Peter Hartl, Chemie-Experte und Partner der Managementberatung Horváth. „Als Wachstumsmärkte gelten vor allem Regionen außerhalb Europas.“ Neben Top-Line-Wachstum erzielen die Unternehmen auch in ihrer Bottom-Line Fortschritte. „Die Kostensenkungsinitiativen zeigen Wirkung. Verglichen mit 2023 ist Ergebniswachstum in dieser Dimension deutlich leichter zu erzielen, weil das Inflationsrisiko zwar nicht wegfällt, aber doch stark gemindert ist“, so Horváth-Experte Hartl. „Auch positiv hervorzuheben: An Forschung und Entwicklung sowie Marketing und Vertrieb wird nicht gespart – die Unternehmen haben die dafür nötigen Ressourcen und Zukunftschancen fest im Blick.“
Resilienz gewinnt an Bedeutung
Die Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens gegenüber komplexen und unvorhersehbaren Marktschwankungen, weiter zu erhöhen und gleichzeitig die Fähigkeit, sich in günstigeren Marktbedingungen ergebende Chancen flexibel zu nutzen, sind Hartl zufolge zur größten Herausforderung und wichtigsten Aufgabe des Managements in der Chemieproduktion geworden.
Die Sicherstellung von Cybersecurity ist in puncto Resilienz eines der Topthemen, wie die Horváth-Studie zeigt. Weiterhin wichtig sind den Befragten zufolge: konsequentes Liquiditätsmanagement, ein verbessertes Performance- und Risikomanagement, die Verschlankung von Prozessen und Verbesserung von Kosten- und Erlösstrukturen. Doch damit ist die Liste längst nicht abgeschlossen. Hinzu kommen die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur zur Sicherung der personellen Ressourcen, die Überarbeitung oder Neuaufstellung von Strategie und Geschäftsmodellen sowie – eng damit zusammenhängend – die Sicherstellung ökologischer Nachhaltigkeit.
Grüne Transformation wird nicht in Frage gestellt – jedoch die Rahmenbedingungen
Hinter den Klimaschutzzielen von EU und Bundesregierung steht die Chemiebranche geschlossen. Die Übergangszeit, bis grüne Energie in ausreichender Menge und zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung steht, gilt jedoch als großer Kraftakt. Zunehmende Energiepreise und steigende CO2-Kosten, insbesondere in Deutschland, werden als nicht marktgerecht angesehen. Auch die Regulierung sowie Produktanforderungen und Berichtspflichten stellen die Unternehmen vor große Herausforderungen.
Mehr als 90 Prozent befürchten neue Anforderungen und dadurch anhaltende beziehungsweise verstärkte Marktunsicherheiten. Steigende Energie- und CO2-Kosten nennen 80 Prozent als große Herausforderung. Zudem sehen viele Befragte steigende Produktstandards kritisch fürs Geschäft, etwa im Hinblick auf die CO2-Intensität (71 Prozent).
Gefragt nach Maßnahmen zur Lösung ökologischer Herausforderungen und Beschleunigung der Energiewende wird am häufigsten die Optimierung der Energieeffizienz genannt (83 Prozent). Weitere 77 Prozent setzen auf den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien, um die Dekarbonisierung des eigenen Unternehmens umzusetzen. Eine Verlagerung energieintensiver Produktionen haben aktuell 44 Prozent der Unternehmen geplant. „Das ist keine Mehrheit, aber fast jedes zweite Unternehmen“, warnt Chemie-Experte Peter Hartl von Horváth. Kostendisziplin sei daher weiter das Gebot der Stunde, um den verhalten positiven Wachstumspfad weiter abzusichern.