Digitalisierte und nachhaltige Batteriezellenproduktion
Weltweit einzigartige Wickelanlage für Batterienzellen
© Fraunhofer IPA/Rainer Bez
Batterien für E-Autos bestehen aus mehreren Modulen, in denen eine Vielzahl von Batteriezellen verbaut sind. Diese sind das Herzstück jeder Batterie, auf sie entfällt auch der größte Teil der Wertschöpfung. Zylindrische Batteriezellen sind in den vergangenen Jahren in der Automobilbranche immer beliebter geworden, wobei der Trend zu großen Zellformaten geht. Das ZDB des Fraunhofer IPA hat in enger Zusammenarbeit mit der acp systems AG eine Wickelanlage für zylindrische Batteriezellen, auch Rundzellen genannt, entwickelt, aufgebaut und nun in Betrieb genommen. Sie dient als vielseitige Forschungs- und Produktionsplattform, um neue Zellformate und Tab-Designs sowie fortschrittliche Methoden zur Qualitätssteigerung und Prozessoptimierung in kurzer Zeit zu erproben. Die neue Wickelanlage komplettiert eine europaweit einzigartige Fertigungslinie für die vollständige Montage von Batteriezellen für Lithium-Ionen- sowie für zukünftige Batterietechnologien wie zum Beispiel Natrium-Ionen-Batterien. Das Besondere der Fertigungskette ist die Digitalisierung und Vernetzung aller Prozessschritte – vom Beschichten, Wickeln, Assemblieren und Befüllen bis hin zum Formieren. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg hat den Bau und die Installation der Wickelanlage gefördert.
»Am ZDB können wir alle Prozessschritte zur Herstellung einer Batteriezelle abdecken. Der Wickelprozess ist einer der Kernprozesse der Produktion, der Wickel das Herzstück der Batteriezelle. Mit der Wickelanlage haben wir nun eine Lücke in der durchgängig digitalisierten Prozesskette geschlossen, die Fertigungslinie ist somit komplett«, sagt Julian Grimm, Forschungsteamleiter am Fraunhofer IPA und stellvertretender Zentrumsleiter des ZDB.
Elektroden und Separatoren werden zur Jelly Roll aufgewickelt
Rund ein Dutzend Arbeitsschritte sind nötig, bis eine Zelle einsatzbereit ist. Beim Wickelprozess werden die positive und die negative Elektrode zusammen mit zwei Separatoren zu einem Wickel, dem sogenannten Jelly Roll, aufgerollt bzw. aufgewickelt. Im Anschluss folgt der Zusammenbau, bei dem die Jelly Roll hochpräzise geführt werden muss. Anschließend wird über eine durch das mittige Loch des Wickels eingeführte Stabelektrode der Wickel mit dem Becherboden verschweißt.
Doch die neue Wickelanlage für zylindrische Batteriezellen ist nicht nur eine Produktionsplattform für Jelly Rolls, vielmehr dient sie auch als Forschungsplattform, um innovative Zellsysteme und -formate zu entwickeln und deren Qualität zu testen. »Das Alleinstellungsmerkmal unserer Anlage ist ihre Flexibilität. Mit ihr sind wir in der Lage, unterschiedliche Zellformate in unterschiedlichen Größen und Tab-Designs wie etwa Tabless Designs ohne angeschweißten Tab zu realisieren. Der Tab, ein schmales Ableiterelement an der Anode und der Kathode, durch die der Strom fließen muss, ist die Engstelle in großformatigen Zellen«, so der Forscher. Bei Rundzellen geht der Trend hin zu größeren Zellformaten, die hinsichtlich des Durchmessers und der Höhe größer sind. Wickel und Rundzelle fallen also größer aus. Das Problem: Je größer die Zellen sind, desto schwieriger wird es, den Strom und die Wärme abzuführen. »Auf diese Herausforderung können wir mit individuellen Tab-Designs reagieren, wo etwa in einem Tabless-Design die Trägerfolie aus Aluminium und Kupfer als Strom- und Wärmeableiter dient und einen höheren Abtransport ermöglicht als der klassische Tab«, erläutert Grimm. Innovative Zelldesigns stellen die Homogenität in zylindrischen Zellen sicher und ermöglichen somit großformatige Zellen. Durch größere Zellen mit mehr Aktivmaterial lässt sich eine höhere Energiedichte und somit eine größere Reichweite von E-Autos realisieren.
Gesammelte Daten werden den Batteriezellen zugeordnet
Um den Ausschuss zu minimieren und die Qualität zu erhöhen, ist der gesamte Produktionsprozess digitalisiert und vernetzt. Dafür sammeln Sensoren Daten, die in Echtzeit in der Cloud zusammenlaufen. Am Fraunhofer IPA entwickelte Traceability-Technologien ermöglichen es, die gesammelten Daten den produzierten Batteriezellen zuzuordnen. Jede einzelne hergestellte Batteriezelle steht für Datenanalysen und das Trainieren einer Künstlichen Intelligenz bereit. So lässt sich zurückverfolgen, unter welchen Bedingungen sie gefertigt wurde und wie sie in Relation zur erreichten Produktqualität steht. Die Daten werden zur Entwicklung von Services mit Überwachungs-, Analyse- und Vorhersagefähigkeiten genutzt. Damit wird es möglich, den Produktionsablauf zu verbessern und Fehlerquellen schneller als bisher zu beseitigen.
»Die innovativen Zelldesigns erfordern eine Neugestaltung und Optimierung der Produktionsprozesse, die an der Wickelanlage erforscht werden können. Die Kombination aus innovativem Zelldesign und agilen Produktionsansätzen ist der Schlüssel, um die Anforderungen einer sich rasch wandelnden Energielandschaft zu erfüllen, schnellere Markteinführungen neuer Lösungen zu ermöglichen und den Weg zu nachhaltigen, qualitativ hochwertigen Batterietechnologien zu ebnen«, resümiert Grimm. Auch erhalten Hersteller und Anwender von Elektroden, Separatoren und Zellen die Möglichkeit, ihre Prototypen, Produkte, Zellkomponenten, Materialien und Designs an der Anlage zu testen.
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