Chemieproduktion in Deutschland: Soda-Herstellung mit doppeltem Klima-Bonus

Sauberer Prozess: bipolare Elektrodialyse

04.10.2024
© Fraunhofer IKTS

Saubere Produktion: Der Laborversuchsstand zur umweltfreundlichen Herstellung von grünem Soda durch bipolare Elektrodialyse von Salzsole. Der Prozess vermeidet Treibhausgas-Emissionen und salzhaltige Abwässer.

Ein innovatives, umweltfreundliches Produktionsverfahren für das in vielen Industriebranchen unverzichtbare Soda haben Fraunhofer-Forschende gemeinsam mit Partnern im Projekt »Green Soda« entwickelt. Der Prozess basiert auf der bipolaren Elektrodialyse von Salzsole. Durch Ionen-Austauschprozesse und den Zusatz von Kohlenstoffdioxid entsteht grünes Soda. Die Technologie hilft auch, die Produktion am Standort Deutschland zu stärken.

Natriumcarbonat, auch bekannt als Soda, ist in vielen Industriebranchen unverzichtbar. Es wird zur Papierherstellung, Konservierung von Lebensmitteln, Herstellung von Glas oder Neutralisation von Säuren genutzt. Zudem findet es sich auch in Privathaushalten: als Hauptbestandteil von Backpulver, als Flecken- oder Abflussreiniger. Dementsprechend wurden nach Angaben des Verbands der chemischen Industrie (VCI) 2023 allein in Deutschland rund 2,1 Millionen Tonnen Soda produziert. Das Problem: Bei der Herstellung fallen große Mengen CO2 an – 800 Kilogramm pro Tonne. Zudem entsteht salines Abwasser, das zur Versalzung von Gewässern führt.

Die Lösung: ein neuer nachhaltiger Produktionsprozess ohne klimaschädliche CO2- Emissionen oder salzhaltige Abwässer. Entwickelt wurde das Verfahren am Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS gemeinsam mit Partnern im Verbundprojekt Green Soda, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird. Projektpartner sind das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf sowie Betreiber von Geothermieanlagen und der Sodahersteller QEMETICA Soda Deutschland.

Sauberer Prozess: bipolare Elektrodialyse

Seit dem 19. Jahrhundert wird Soda im sogenannten Solvay-Prozess hergestellt. Dabei wird Kalkstein mithilfe von Koks oder Kohle gebrannt. Es entsteht Kohlenstoffdioxid, das in weiteren Schritten mit Salzsole, Ammoniak und Kalk reagiert und so Natriumcarbonat erzeugt, aber eben auch große Mengen Calciumchlorid-Abwasser. »Unser Verfahren ist eine umweltfreundliche Alternative ohne problematische Grundstoffe«, erklärt Hans-Jürgen Friedrich, Gruppenleiter Technische Elektrolyse, Geothermie und Radionuklidlabor am Fraunhofer IKTS.

Das Green-Soda-Verfahren basiert auf einer elektrochemischen Prozessroute. Herzstück der Technologie ist die bipolare Elektrodialyse. Diese arbeitet mit extrem dünnen Membranen. Deren Poren sind so klein, dass sie jeweils nur Ionen durchlassen. Die Membranen fungieren als Austauschmedium, indem sie nur die negativ geladenen Anionen beziehungsweise nur die positiv geladenen Kationen durchlassen. Auf diese Weise wird im Prozess ein Gemisch von Salz und Wasser, die sogenannte Salzsole, in Natriumhydroxid und Salzsäure gespalten. Hydroxide sind salzähnliche Verbindungen, die bei Kontakt mit Wasser Natronlauge bilden. Wird die Natronlauge dann mit CO2 versetzt, entsteht schließlich Soda.

»Auf diese Weise gewinnen wir Natriumcarbonat – ohne Klimagase in die Atmosphäre zu blasen und ohne schädliche Industrieabwässer, die Flüsse oder Gewässer versalzen«, freut sich Friedrich. Für Kristallisierungs- und Trocknungsprozesse planen die Fraunhofer-Forschenden zudem geothermische Wärmeenergie einzusetzen, um fossile Energieträger zu vermeiden.

Doppelte CO2-Einsparung

Das Forschenden-Team arbeitet gemeinsam mit den Projektpartnern an einer Anlage im Technikumsmaßstab, die das für den Prozess nötige CO2 aus Biogasanlagen oder aus Verbrennungsprozessen der Industrie bereitstellt. So verhindert Green Soda auf doppelte Weise die schädlichen Klimagas-Emissionen: beim Herstellungsprozess und durch die Nutzung von überschüssigem CO2 aus anderen Industrien.

Ein weiterer Vorteil des neuen Verfahrens: Eine CO2-neutrale Produktion benötigt keine teuren Klimazertifikate. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, es ist auch ein wichtiger Beitrag, um weiterhin am Standort Deutschland in hoher Qualität und gleichzeitig wirtschaftlich rentabel produzieren zu können.

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