Wie Katalysatoren heimlich ihre Stabilität verlieren

Kovalente organische Gerüstverbindung sind als Katalysatoren aktiver, als man erwarten würde

28.11.2024
RUB, Kramer

Bochumer Forschungsteam: Kristina Tschulik und Pouya Hosseini

Kovalente organische Gerüstverbindungen sind als Katalysatoren deutlich weniger stabil als bislang gedacht und dennoch aktiv. Die sogenannten COFs – aus dem Englischen für covalent organic frameworks – gelten als vielversprechende Katalysatoren, beispielsweise für die nachhaltige Produktion von Chemikalien und Brennstoffen. Ihre Eigenschaften können durch ihren molekularen Aufbau sehr gezielt eingestellt werden. Forschende der Ruhr-Universität Bochum und der Max-Planck-Institute für Festkörperforschung (MPI-FKF) und für Nachhaltige Materialien (MPI-NM) zeigten jedoch, dass die katalytische Aktivität gar nicht durch die COFs selbst entsteht. Stattdessen lösen sich die Cobalt-Ionen aus dem Gerüst und wandeln sich in Nanopartikel um, welche die katalytische Arbeit erledigen. Die Ergebnisse beschreibt das Team in der Zeitschrift „Advanced Science“, online veröffentlicht am 26. November 2024.

„Mit dem Wissen aus dieser Studie können wir künftig Katalysatoren aus organischen Gerüstverbindungen und Nanopartikeln designen, die deutlich effizienter sind als die COFs“, sagt Prof. Dr. Kristina Tschulik von der Ruhr-Universität Bochum und vom Exzellenzcluster RESOLV, die gemeinsam mit Prof. Dr. Bettina Lotsch vom MPI-FKF die Idee für die Studie hatte. „Als Elektrochemikerin habe ich mich schon immer ein bisschen gewundert, wie die katalytische Aktivität der COFs eigentlich zustande kommt“, sagt Kristina Tschulik – sie wollte es genauer wissen.

Stabil unter harschen Reaktionsbedingungen?

Die Bochumer Gruppe um Kristina Tschulik startete eine Kooperation mit Stuttgarter Forschenden um Bettina Lotsch, die Expertinnen und Experten für die Synthese von COFs sind. Beide Gruppen sind Teil des an der Universität Stuttgart beheimatetn Sonderforschungsbereiches 1333. Gemeinsam analysierte das Team um Pouya Hosseini, Andrés Rodríguez-Camargo und Liang Yao die katalytische Aktivität mehrerer Cobalt-haltiger COFs bei der sogenannten Sauerstoffentwicklungsreaktion. Diese Teilreaktion tritt in vielen industriell bedeutenden Reaktionen auf, beispielsweise bei der Elektrolyse von Wasser zwecks Wasserstoffgewinnung. „Die Reaktionsbedingungen bei der Sauerstoffentwicklungsreaktion sind harsch“, erklärt Kristina Tschulik. „Eigentlich gibt es nur einen Katalysator – Iridiumoxid –, der dabei stabil bleibt.“ Es mehrten sich jedoch Studien, die berichteten, dass auch Cobalt-haltige COFs langzeitstabil bei der Reaktion seien.

Im ersten Schritt analysierte das Forschungsteam die COFs elektrochemisch bei der Sauerstoffentwicklungsreaktion. In der Tat lief die Stoffumwandlung mit hoher Aktivität über mehrere Zyklen. Die dabei aufgezeichneten Strompotenzial-Kurven hatte Kristina Tschulik jedoch schon mal in einem anderen Kontext gesehen. Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 247 arbeitet die Wissenschaftlerin seit sieben Jahren mit Cobaltoxid-Nanopartikeln als Katalysatoren, die genau diese Kurvenform erzeugen. Daher startete die Gruppe eine aufwendigere Materialcharakterisierung, gemeinsam mit Elektronenmikroskopie-Experten vom MPI-NM um Christina Scheu.

Gerüste verhindern Verklumpen von Nanopartikeln

In diesen Analysen zeigte sich, dass aus den Cobalt-haltigen Gerüstverbindungen oxidische Cobalt-Nanopartikel entstehen, die die katalytische Arbeit übernehmen. Die Umwandlung erfolgt sofort, wenn die Elektrode in die basische Lösung eingetaucht wird. „Die COF-Gerüste erfüllen aber trotzdem einen Zweck“, erklärt Tschulik ein weiteres Ergebnis der Analysen. „Sie halten die Nanopartikel fest. Normalerweise neigen die Partikel dazu zu aggregieren, wodurch weniger von ihrer katalytischen Oberfläche zugänglich ist.“

Die Autorinnen und Autoren geben in ihrer Publikation auch Anregungen, wie man COFs künftig gezielt herstellen könnte, sodass die Gerüstverbindungen auch unter realen Reaktionsbedingungen stabil und katalytisch aktiv bleiben.

Originalveröffentlichung

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