Schicht um Schicht: Wie Simulationen bei der Herstellung von organischen Bauelementen wichtige Aussagen treffen können

20.12.2024
© MPI-P

Moleküle werden verdampft und lagern sich an einer Oberfläche an – dieser Produktionsschritt bei der Herstellung organischer Bauelemente könnte nun durch eine neuartige Simulationsmethode bereits im Computer vorhergesagt werden.

Organische Bauelemente sind nicht zuletzt durch moderne Fernseher mit organischen Leuchtdioden (OLEDs) in aller Munde. Doch die Entwicklung neuartiger und nachhaltiger Materialsysteme - von der Herstellung der benötigten Moleküle bis zur Produktion funktionierender Bauelemente - ist nach wie vor zeitaufwändig. Wissenschaftler*innen um Denis Andrienko vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung und Falk May von Display Solutions bei Merck haben nun eine Simulationsmethode entwickelt, die die Suche nach geeigneten organischen Bauelementen wesentlich beschleunigen könnte.

Hohe Kontraste, stromsparend – das sind Eigenschaften neuartiger organischer Leuchtdioden. Bei diesen werden organische Moleküle, d. h. Moleküle, die Kohlenstoff enthalten, eingesetzt. Doch auch andere Bauelemente, die heutzutage beispielsweise aus dem Halbleiter Silizium hergestellt werden, wie Transistoren, könnten in Zukunft durch organische Elemente ersetzt werden.

Hierbei gibt es jedoch mehrere Herausforderungen: Die Synthese der entsprechenden Moleküle, sowie nachfolgend die Herstellung von dünnen Schichten aus dem entsprechenden Material. Diese ist notwendig, da typische organische Bauelemente aus mehreren einzelnen, dünnen Lagen unterschiedlicher Materialien bestehen.

Während die elektronischen Eigenschaften neuer Moleküle vor der Synthese bereits mit entsprechenden Simulationsmethoden vorhergesagt werden können, ist die Vorhersage, wie sich das Molekül bei Herstellung dünner Schichten verhält, eine Herausforderung: Wie lagern sich mehrere Moleküle an? Zeigen sie eine relative Orientierung? Wie glatt wird die Oberfläche sein? Mit welcher Geschwindigkeit sollten die Moleküle aufgedampft werden – d. h. wie viele Moleküle pro Sekunde sollten auf einer Oberfläche landen?

Um die Herstellung der Schichten vorherzusagen, haben Teams um Denis Andrienko, Gruppenleiter am MPI für Polymerforschung, und Falk May von Merck nun einen neuartigen Ansatz verfolgt. Die Schwierigkeit bei der Simulation des Aufdampfprozesses ist, dass prinzipiell jedes einzelne Atom des zu simulierenden Moleküls betrachtet werden müsste. Um hier exakte Ergebnisse zu erhalten, sind riesige Rechenkapazitäten erforderlich: Das Molekül muss räumlich entsprechend gut im Computer dargestellt werden, um die einzelnen Atome abzubilden. Und auch zeitlich sind minimalste Zeitschritte im Bereich von 2 Femtosekunden – also 2 millionstel einer milliardstel Sekunde – erforderlich, um die molekularen Bewegungen entsprechend vorherzusagen.

„Damit ist auch mit heutigen Rechenkapazitäten eine solche Simulation nicht effizient realisierbar“, sagt Denis Andrienko. „Wir haben daher einen anderen Weg gewählt: Wir schauen nicht so genau hin!“. In den Modellen, die Andrienko und sein Team benutzen, werden die Moleküle daher nicht bis auf die atomare Ebene dargestellt, sondern „vergröbert“. Diese Methode – Coarse Graining genannt – stellt also mehr einen das Molekül „einhüllenden Kasten“ dar als das Molekül selbst.

Dies beschleunigt die Simulationen immens. Zum einen muss nicht mehr räumlich so hoch aufgelöst werden, zum anderen führt die Reduktion der Freiheitsgrade zu größeren erlaubten Zeitsprüngen zwischen einzelnen Simulationsschritten. Damit kann eine Simulation in einer wesentlich kürzeren Zeit durchgeführt werden und erlaubt bereits wichtige qualitative und quantitative Aussagen über das Molekül. Im Experiment kann die Herstellung und der Test der einzelnen molekularen Filme ein Vielfaches der Zeit in Anspruch nehmen.

Das Team, das die Ergebnisse jüngst im Journal „Advanced Energy Materials“ veröffentlicht hat hofft, dass die verwendete Simulationsmethodik die Herstellung neuer Bauelemente wesentlich vereinfachen und beschleunigen kann.

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