Von Rußpartikelfiltern zu erneuerbaren Kraftstoffen

Aufklärung der chemischen Prozesse in Rußpartikelfiltern eröffnen neue Wege zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe

23.01.2025
Antje Sorowka, MPI für Chemie

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Rußpartikels zusammengesetzt aus Kohlenstoff-Nanopartikeln.

Kohlenstoffpartikel begegnen uns in zahlreichen Bereichen unseres Lebens. So entsteht Ruß, also kleinste Teilchen aus Kohlenstoff, wenn Energieträger wie Öl oder Holz nicht vollständig verbrannt werden. Rußpartikelfilter wiederum entfernen die nanometer- bis mikrometergroßen Teilchen mit Hilfe chemischer Oberflächen-Reaktionen aus Autoabgasen. Kohlenstoffpartikel könnten aber auch industriell genutzt werden, denn bei Temperaturen über 1000 Grad Celsius kann Kohlenstoff mit Kohlendioxid (CO2) und Wasser in Vorstufen synthetischer Kraftstoffe umgewandelt werden. In beiden Anwendungen spielen chemische Reaktionen auf der Kohlenstoff-Oberfläche eine entscheidende Rolle, jedoch ist nicht vollständig geklärt, unter welchen Bedingungen bestimmte Reaktionspfade vorherrschen.

Kohlenstoff wird durch Stickstoffdioxid und Sauerstoff abgebaut

Forschende des Max-Planck-Instituts für Chemie können nun besser erklären, was bei der Oxidation von Kohlenstoffnanopartikeln im Rußpartikelfilter passiert. Sie untersuchten, was mit den winzigen Rußteilchen bei Bedingungen passiert, wie sie in Fahrzeugabgasen von Dieselmotoren typisch sind. Bei Temperaturen von etwa 270 – 450° Celsius trifft der Kohlenstoff hier auf die reaktiven Gase Stickstoffdioxid (NO2) und Sauerstoff (O2). Die Gase oxidieren den Kohlenstoff und bauen ihn so ab. Das Ergebnis: Je höher die Temperatur, desto schneller verschwindet die Kohlenstoffmasse. Anschließend gaben sie die experimentellen Daten in ein so genanntes kinetisches Mehrschichtmodell (KM-GAP-CARBON) ein.

Die Modellierung zeigt, was chemisch passiert: Bei niedrigeren Temperaturen wird der Kohlenstoffabbau durch Stickstoffdioxid bestimmt, bei höheren Temperaturen hingegen durch Sauerstoff. Gleichzeitig mit der Veränderung des dominanten Reaktionspfades verschiebt sich auch die Aktivierungsenergie, welche aufgebracht werden muss, damit eine chemische Reaktion ablaufen kann.

Chemisches Modell stammt aus der atmosphärischen Aerosolforschung

„Unser Modell wurde ursprünglich entwickelt, um die Chemie von Aerosolen und Feinstaub in der Atmosphäre zu beschreiben. Es funktioniert aber auch für technische Hochtemperaturanwendungen sehr gut,“ sagt Thomas Berkemeier, Hauptautor der Studie und Forschungsgruppenleiter am Mainzer Max-Planck-Institut. „Unser Modell hilft uns zu verstehen, warum der chemische Reaktionspfad von der Temperatur beeinflusst wird. Es erklärt auch eine zweite Besonderheit: In den Messungen beobachten wir nämlich, dass die Reaktionsgeschwindigkeit jeweils zu Beginn und am Ende der Reaktion am höchsten ist.“

Laut der kürzlich in der Zeitschrift Angewandte Chemie erschienenen Studie werden an der Oberfläche der Kohlenstoffpartikel zuerst reaktivere Kohlenstoffatome oxidiert und verflüchtigt, was dazu führt, dass sich weniger reaktive Atome an der Oberfläche anreichern. Dadurch kommt es zunächst zu einer Art Passivierung der Partikel und die Oxidation verlangsamt sich. „Gegen Ende der Reaktion ist das Verhältnis von Oberfläche der Partikel zu ihrem Volumen besonders groß, weswegen die auf das Volumen normierte Reaktionsrate nochmals stark ansteigt,“ erläutert Berkemeier, der zukünftig die genaue Struktur der Partikel auch mit mikroskopischen und spektroskopischen Methoden analysieren möchte. Mit seinem Team plant der Chemiker zudem weitere reaktionskinetische Untersuchungen, um die Auswirkungen anderer Oxidationsmittel und Bedingungen zu erforschen.

Grundlagenforschung trägt zur Entwicklung erneuerbarer Kraftstoffe bei

„Unsere Forschung verbessert nicht nur das Verständnis grundlegender Prozesse auf Kohlenstoff-Oberflächen. Wir unterstützen damit auch die Entwicklung innovativer Verfahren im Bereich von Umwelt- und Energieanwendungen, beispielsweise in der Kohlenstoffabscheidung zur Reduktion von CO2-Emissionen und zur Optimierung der Produktionsbedingungen in der Herstellung synthetischer Kraftstoffe,“ fügt Ulrich Pöschl, Ko-Autor und Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie, hinzu. „Die Ergebnisse langjähriger wissenschaftlicher Grundlagenforschung tragen somit auch zu einer nachhaltigen Entwicklung von Technik und Gesellschaft im Anthropozän bei.“

Der Begriff Anthropozän bezeichnet das aktuelle Erdzeitalter, welches durch den rasch zunehmenden und global durchdringenden Einfluss des Menschen auf den Planeten geprägt und seit seiner Entdeckung durch Nobelpreisträger Paul Crutzen Teil der wissenschaftlichen Arbeit und Forschung am Max-Planck-Institut für Chemie ist.

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